Der Eintritt ist frei.
Nächste Termine:
28. November 2024 | 19:00 Uhr
Literarische Soirée
Das Thema dieser Veranstaltung ist „Schauriger Advent“.
Den Besucher erwartet ein gruseliger Abend mit allerlei Erzählungen aus dem Reich des Skurillen und Unerklärbaren.
Seit Juli 2016 findet in der Galerie des Kronacher Kunstvereins, einmal im Monat, an einem Sonntag von 11.00 - 12.30 Uhr, eine literarische Matinée/ein Literaturzirkel statt. Mitglieder und Freunde des Kronacher Kunstvereins sowie alle an Literatur Interessierte von nah und fern treffen sich seither, um zwanglos Bücher vorzustellen.
„Lesen ist ein einzigartiges, inspirierendes Erlebnis. Wir wollen Menschen die Lust am Lesen vermitteln – gerade denjenigen, die wenig, selten oder gar nicht lesen."
Dr. Joerg Pfuhl, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Lesen
Die Literarische Matinee im Kronacher Kunstverein - "der besondere Literaturzirkel" erhebt nicht den Anspruch, kritischer und analytischer als jedweder Kritiker zu sein. Sie lädt im Gegenteil dazu ein, sich zwanglos über Literatur auszutauschen und darüber ins Gespräch zu kommen. Nicht zu übersehen in seiner beeindruckenden Wirkung ist dabei der passende künstlerische Rahmen mit den Werken der gerade zu diesem Zeitpunkt ausstellenden Künstler.
Zu dieser Veranstaltung, die immer kostenlos ist, ergeht an alle interessierten Zuhörer und Buchvorsteller herzlichste Einladung. Bei Interesse für eine Buchvorstellung oder für mehr Informationen bitte Kontakt aufnehmen mit: Krystyna Hurec-Diaczyszyn, E-Mail: hudikry@aol.com
Rückblick
2024
62. L I T E R A R I S C H E M A T I N É E
17. November 2024 | 11:00 UHR
„Als Großmutter im Regen tanzte“ von Trude Teige
vorgestellt von Kerstin Sperschneider
Die Autorin
Trude Teige ist eine der bekanntesten Autorinnen, TV-Moderatorinnen und Journalistinnen Norwegens. Sie wurde 1960 in einem kleinen Ort an der Küste in Norwegen geboren. Sie ist ausgebildete Übersetzerin und Journalistin und hat als politische Reporterin, Nachrichtensprecherin und Programmmanagerin beim norwegischen Sender TV2 gearbeitet.
Einige ihrer Bücher wurden für den Bookstore Award wie auch für den Riverton Award nominiert, so auch der historische Roman „Als Großmutter im Regen tanzte" aus dem Jahr 2015. In den letzten Jahren hat Trude Teige im ganzen Land zahlreiche Vorträge für Kinder und Erwachsene gehalten - in Bibliotheken, weiterführenden Schulen, Hochschulen und für Mitarbeiter verschiedener Organisationen.
Für die Recherche des historischen Romans flog sie von Norwegen nach Berlin, nahm den Zug nach Demmin und besuchte den Ort, wo sich der größte Massenselbstmord Deutschlands, wenn nicht sogar Europas, zugetragen hatte. In der Zeit vom 30. April bis zum 3. Mai 1945 gab es in der vorpommerschen Kleinstadt Demmin Hunderte Menschen, die sich selbst und andere im Rahmen eines erweiterten Suizids töteten; sie erhängten, vergifteten, erschossen sich oder schnitten sich die Pulsadern auf. Die meisten töteten sich und andere durch Ertränken in den drei stadtnahen Flüssen. Trude Teige beschloss, über "Tyskerjentene", "Deutschenhuren" zu schreiben - das waren die norwegischen Frauen, die zu Kriegszeiten in Norwegen ihre Staatsbürgerschaft verloren und von der Gesellschaft ausgestoßen wurden, weil sie sich in einen deutschen Soldaten verliebt und diesen geheiratet hatten.
Das Buch
Eine junge Frau flieht vor ihrem gewalttätigen Mann ins Haus ihrer verstorbenen Großeltern, bei denen sie nach dem Tod ihrer Mutter aufgewachsen war, auf eine kleinen norwegischen Insel. Beim Ordnen des Nachlasses ihrer Großmutter Tekla entdeckt sie ein Foto Großmutter mit einem deutschen Soldaten.
Ihre Recherche ergibt, dass diese bereits schon einmal verheiratet war, und zwar mit einem deutschen Soldaten, der sie nach dem Krieg mit nach Deutschland nahm, nichtsahnend, daß von seinem Heimatdorf Demmin nichts mehr übrig war. Hier herrschten 1945 die Russen, plünderten und vergewaltigten, und vor allem die Frauen mit ihren Kindern nahmen sich zu Hunderten aus Angst das Leben.
Trude Teige erzählt, was Tekla, aus norwegischer Sicht eine „Tyskerjentene“, in den Jahren nach Kriegsende in Deutschland bis zur ihrer Heimkehr nach Norwegen erleben muss. Dieses Buch ist in zwei Zeitebenen geschrieben, nämlich der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg und der heutigen Zeit.
Ein Ansinnen der Autorin war es, dass die Menschen in Norwegen von Demmin und seiner Geschichte erfahren sollten.
61. L I T E R A R I S C H E M A T I N É E
20. Oktober 2024, 11:00 UHR
DR. KERSTIN LÖW LIEST:
JOHN WILLIAMS, “BUTCHER’S CROSSING”
Der Autor
John Williams (1922-1994), ein amerikanischer Autor und Herausgeber, war Hochschullehrer an der University of Denver, wo er von 1955 bis 1985 Englisch unterrichtete und Gründer der renommierten Literaturzeitschrift „Denver Quarterly“, die er von 1965 bis 1970 herausgab. Als einer der ersten Professoren des Landes etablierte er Kreatives Schreiben als akademisches Fach an der Universität. Sein literarisches Erbe begrenzt sich auf nur wenige Bücher; der erfolgreichste Roman war „Stoner“, der erst posthum zu einem anerkannten Erfolg wurde; ansonsten waren seine Bücher ein kommerzieller Flop.
Williams, ein hoch anerkannter Professor, aber ein unterschätzter Romancier und mittelmäßiger Dichter war immer auf der Suche – und da ähnelt er seinem Helden Stoner, einem scheinbar unbedeutenden Collegeprofessor – nach einer inneren Harmonie: „Es ist schwierig zu lügen, wenn man einen Roman schreibt.”
Williams war viermal verheiratet: das erste Mal als Neunzehnjähriger, kurz nach dem Krieg heiratete er ein zweites Mal. Während der ersten Jahre an der Universität ging er eine dritte Ehe ein, die bis Ende der 1950er Jahre dauerte und aus der drei Kinder hervorgingen. Mit seiner vierten Ehefrau, Nancy Gardner, war er 35 Jahre, bis zu seinem Tod, verheiratet. Williams starb1994 mit 71 Jahren – lungenkrank, dem Alkohol verfallen und unerkannt.
Das Buch
„Butcher's Crossing“ ist ein ungestümer und bestürzender Roman über die Wildnis der Natur und die Verwilderung des Menschen“ (Volker Hage, Der Spiegel, 2015).
Will Andrews, ein junger Mann aus gutem Haus von der Ostküste Amerikas mit abgeschlossenem Philosophiestudium, beschließt um 1870 nach der Lektüre eines Buches über den "Wilden Westen“, gelangweilt von seinem Leben, die ursprüngliche Beziehung zur Natur zu suchen. In Butcher’s Crossing, einem kleinen entlegenen Städtchen in Kansas, trifft er auf Männer, die das Abenteuer und schnell verdientes Geld suchen. Einer von ihnen lockt Andrews mit Geschichten von riesigen Büffelherden in die Colorado Rockies. Das Ziel ist es, Büffelherden aufzuspüren, einzufangen, abzuschießen und das Fell der Büffel gewinnbringend zu verkaufen. Die Kadaver der Tiere interessieren nicht; sie bleiben unberührt in der Natur liegen. Andrews finanziert die Reise, die aufreibend und strapaziös ist, an deren Ende die gnadenlose Gier der Teilnehmer bewirkt, dass die bis dahin sowieso schon drastisch reduzierten Büffelbestände fast gänzlich ausgerottet wurden.
Ein überwältigender Roman über die Zerbrechlichkeit von Menschlichkeit und Würde. (Klappentext)
60. L I T E R A R I S C H E M A T I N É E
28.7.2024 | 11.00 Uhr
Autorenlesung: Werner Karl „Die Kolonisten,
Aidan-Trilogie Band 1, Science Fiction (2024)
59. L I T E R A R I S C H E M A T I N É E
23. Juni 2024 | 11:00 UHR
AUTORENLESUNG MIT LUO LINGYUAN:
“SEHNSUCHT NACH SHANGHAI”
“Je mehr Angst man hat, desto mehr muss man tanzen“
Die Autorin
Luo Lingyuan ist eine chinesische Schriftstellerin, die 1963 in Jiangxi im Südwesten der V.R. China geboren wurde. Sie studierte in Shanghai Computerwissenschaft an der Jiaotong-Universität und Journalistik an der Fudan-Universität. Das erste Fach schloss sie mit dem Bachelor, das zweite mit dem Master ab. 1990 folgte sie ihrem Mann, den sie an der Universität kennengelernt hatte, nach Berlin, wo sie zunächst unterschiedliche Jobs angenommen hatte und heute noch dort lebt. Von 1995–1996 studierte sie an der Humboldt Universität Berlin Übersetzungswissenschaft Deutsch-Chinesisch sowie klassische chinesische Literatur. Sie veröffentlicht seit 1992 auf Deutsch und Chinesisch Beiträge in Zeitschriften und Anthologien sowie Romane. 2007 wurde Luo Lingyuan mit dem Förderpreis des Adelbert-von-Chamisso-Preises ausgezeichnet. 2017 erhielt sie den Erfurter Stadtschreiber-Literaturpreis; 2020 erhielt sie das Alfred-Döblin-Stipendium der Akademie der Künste Berlin.
Luo Lingyuan hat sich auf die Spuren der amerikanischen Journalistin Emily Hahn gemacht. „Ich erzähle die Geschichte vollkommen wahrheitsgemäß und zitiere die Originaldokumente, soweit es geht. Fehlt es in den Quellen an Dialogen, habe ich sie aus den Charakteren und der damaligen Atmosphäre entwickelt.“ So erklärt Luo Lingyuan ihr Vorgehen als Romanautorin: „Aufgrund des Materialreichtums war es nicht nötig, neue, fremde Stützfiguren zu erfinden. Ich musste mich beim Erzählen eher beschränken, um die Leserinnen und Leser nicht mit einer Überfülle bekannter und unbekannter Gestalten zu überfordern.“
Das Buch
„Wann immer sich mir die Gelegenheit bot, habe ich unbewusst den Weg eingeschlagen, der ins Ungewisse führte.“
Dieses Zitat beschreibt das Lebensmotto der amerikanischen Journalistin Emily Hahn, einer selbstbewussten, Abenteuer liebenden Frau, die klug, schön und unkonventionell, neugierig auf fremde Kulturen und Menschen ist. Das Shanghai der 1930er Jahre, auch „Paris des Ostens“ genannt, ist das Ziel einer Reise, die sie mit ihrer Schwester Helen im April 1935 unternimmt. Die Einkaufsmeilen und Hotels dieser schillernden Stadt locken die Reichen aus dem Westen an. Die amerikanische Journalistin passt perfekt in diese Stadt der Abenteurer, Dichter und Dandys. Mit ihren Gibbons ist sie stets Mittelpunkt der mondänen Dinnerpartys von Victor Sassoon. Um das wahre Shanghai kennenlernen und eine Reportagenreihe für das amerikanische Magazin „The New Yorker“ zu schreiben, bezieht sie eine Wohnung inmitten der Stadt. Ihre Affäre mit dem chinesischen verheirateten Schriftsteller und Verleger Zau Sinmay verleiht ihr einen verruchten Nimbus.Durch ihn bekommt sie Zutritt zur gehobenen chinesischen Gesellschaft und die einmalige Chance, eine Biografie über die berühmten Soong-Schwestern zu schreiben.
Im Juli 1937 beginnt mit der Invasion der Japaner der 2. Chinesisch-Japanische Krieg; auch der Großteil von Shanghai wird besetzt und von den Japanern bombardiert. Emily Hahn rettet die gesamte Familie ihres Geliebten, verschafft ihr ein Obdach und sorgt persönlich dafür, deren Besitztümer unter Lebensgefahr aus dem japanisch besetzten Teil der Stadt herauszuholen. Nach dem Massaker von Nanking gründen Emily Hahn und Sinmay eine zweisprachige Zeitschrift, um die Weltöffentlichkeit über die Kriegsverbrechen der Japaner zu informieren und geraten dadurch ins Visier der japanischen Geheimpolizei. 1939 gelingt ihnen die Flucht nach Honkong. Dort verliebt sie sich neu in den englischen Geheimdienstoffizier Charles Boxer und kann nach der Besetzung durch die Japaner erst im September 1943 mit der gemeinsamen, 1941 geborenen Tochter in die USA zurückkehren. Sie schreibt die Autobiografie »China to Me«, die mit 750.000 verkauften Exemplaren ihr erfolgreichstes Buch werden wird und veröffentlicht insgesamt über 50 Bücher (darunter eins über die britische Dichterin Aphra Behn) und 180 Artikel für den „New Yorker“. Bis ins hohe Alter geht sie täglich in ihr Büro und stirbt erst 1997 mit 92 Jahren in Manhattan. Die Romanbiografie „Sehnsucht nach Shanghai“ ist ein spannender Beziehungsroman in Zeiten grausamer Kriege, eine geschichtlich genaue Erzählung über das Schicksal dieser Stadt und ihrer Menschen. Luo Lingyuan ist es gelungen, diese Jahre und die illustre Gesellschaft dieser Stadt atmosphärisch dicht zu gestalten und ihre Leserinnen und Leser in die ferne und fremde Welt dieser Zeit mitzunehmen. Je deutlicher sich beim Lesen die Brüchigkeit einer alten und scheinbar gefestigten Kultur und ihrer Institutionen erweist, umso mehr wird aus diesem historischen Roman ein Stück Gegenwartsliteratur.
58. L I T E R A R I S C H E M A T I N É E
26. Mai 2024 | 11:00 UHR
Ingrid Steinhäusser las:
Ferdinand von Schirach, "Gott"
Der Autor
Der deutsche Schriftsteller und Jurist Ferdinand von Schirach wurde am 12.Mai 1965 in München geboren. Bekannt wurde er als Strafverteidiger in den Berliner Mauerschützenprozessen von 1991 bis 2004. Der „Spiegel“ nannte Ferdinand von Schirach einen "großartigen Erzähler", die „New York Times“ einen "außergewöhnlichen Stilisten", der „Independent“ verglich ihn mit Kafka und Kleist, der „Daily Telegraph“ schrieb, er sei "eine der markantesten Stimmen der europäischen Literatur". Die Erzählungsbände "Verbrechen", "Schuld" und "Strafe" und die Romane "Der Fall Collini" und "Tabu" wurden zu millionenfach verkauften internationalen Bestsellern. Sie erschienen in mehr als vierzig Ländern. Sein Theaterstück "Terror" zählt zu den weltweit erfolgreichsten Dramen unserer Zeit. Ferdinand von Schirach wurde vielfach mit Literaturpreisen ausgezeichnet. Er lebt in Berlin. Zuletzt erschienen von ihm u.a. "Die Herzlichkeit der Vernunft", ein Band mit Gesprächen mit Alexander Kluge, sowie sein persönlichstes Buch "Kaffee und Zigaretten".
Das Theaterstück/Buch
Wem gehört unser Leben? Wer entscheidet über unseren Tod? Wer sind wir? Wer wollen wir sein?
Diese Fragen werden in dem Theaterstück „Gott“ in einem fiktionalen Ethikrat diskutiert, dem die Ärztin des Betroffenen, sein Rechtsanwalt, eine Rechtssachverständige sowie ein medizinischer und ein theologischer Sachverständiger angehören. Es geht exemplarisch um den Fall eines 78-jährigen, körperlich und geistig kerngesunden, aber lebensmüden Mannes, der sein Leben, das er nicht mehr als lebenswert ansieht nach dem Tod seiner Frau, durch ein Medikament mit Hilfe seiner Ärztin beenden will. Mediziner, Juristen, Pfarrer, Ethiker, Politiker und Teile der Gesellschaft zweifeln, ob Ärzte ihm bei seinem Suizid helfen dürfen. Am 10. September 2020 feierte Schirachs Theaterstück „GOTT“ Premiere. Dem Stück Stückes liegt das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Sterbehilfe vom 26. Februar 2020 zu Grunde. In einem Interview mit Volker Weidermann in der Zeitschrift „Spiegel“ sagte Schirach dazu: „Das war ein Jahrhunderturteil. Die Richter stärkten das Prinzip der Autonomie des Menschen, seine freie Verfügung über seinen eigenen Lebensentwurf. Somit darf er selbst über seinen Todeszeitpunkt bestimmen, ohne dass andere ihm dieses Recht streitig machen dürfen.“
In einem Interview mit der „NZZ am Sonntag“ fasste Schirach das Theaterstück so zusammen: „Es gibt kein Schicksal und kein Erheben darüber. Es gibt nur das Leben mit seinen unendlichen Möglichkeiten. Sie gestalten Ihr Leben nach Ihren Vorstellungen. Deshalb ist es für manche Menschen richtig, dass sie um Hilfe zum Suizid bitten dürfen. Ein Arzt darf ihnen nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts jetzt dabei helfen. Sie haben natürlich das Recht, das Leben als Schicksal zu betrachten, als Leid, das Sie auf sich nehmen müssen. Sie dürfen das so sehen, wer soll Sie auch daran hindern? Genau deshalb wird immer die eine Frage bleiben, um die sich das Theaterstück dreht: Ist der Suizid und die Beihilfe dazu für Sie persönlich moralisch richtig? Entspricht das Ihren Vorstellungen, Ihrem eigenen Lebensentwurf? Das müssen Sie für sich allein entscheiden. Es geht mir nur darum, dass Ihre eigene Entscheidung nicht für alle Menschen gilt.“
Am Ende des Buches, nach dem Anhören der Argumente dafür und dagegen muss der Zuschauer/Zuhörer (am Ende der Buchvorstellung im Rahmen einer Diskussion) selbst entscheiden, welches Urteil er fällen will: „Bekommt Herr Gärtner das Medikament oder nicht?“
Am Ende steht die Frage: „Darf der Mensch Gott spielen?“
57. L I T E R A R I S C H E M A T I N É E
28. April 2024 | 11:00 UHR
KRYSTYNA HUREC LAS:
"Zauber der Stille" von Florian Illies - Caspar David Friedrichs Reisen durch die Zeiten
Florian Illies
Florian Illies, geboren 1971, studierte Kunstgeschichte in Bonn und Oxford. Er war Feuilletonchef der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung, Mitbegründer der Kunstzeitschrift Monopol, leitete das Auktionshaus Grisebach und ist jetzt Mitherausgeber der Zeit. Er hat mehrere Bücher veröffentlicht, darunter "Generation Golf" (2000), "1913" (2012) und "Liebe in Zeiten des Hasses" (2021).
Florian Illies, der »große Geschichtenerzähler« (»Süddeutsche Zeitung«), verwandelt in seinen Büchern vergangene Epochen in lebendige Gegenwart. Sein Welterfolg „1913. Der Sommer des Jahrhunderts“, der in 27 Sprachen übersetzt wurde, begründete ein neues Genre der erzählenden Geschichtsschreibung. Er zieht immer wieder verblüffende Querverbindungen und verknüpft elegant Szenen und Momentaufnahmen zu mitreißenden Panoramen der Zeitgeschichte. Er verwebt in seinem humorvollen Stil kurze Miniaturen zu großen historischen Panoramen und Epochenporträts.
Sein Kunst-Podcast »Augen zu« (gemeinsam mit Giovanni di Lorenzo) gehört zu den meist gehörten Podcasts deutscher Sprache.
Der Autor und Kunsthistoriker Florian Illies widmet mit seinem Buch „Zauber der Stille“ dem grossen deutschen Maler der Romantik eine literarische Zeitreise. Darin zeigt er, dass Caspar David Friedrich kein Naturalist, sondern ein Visionär war – und ein Vorläufer der Abstraktion.
Caspar David Friedrich
Er ist der berühmteste deutsche Maler – doch Caspar David Friedrichs Leben versteckte sich bislang hinter seinen Bildern. Mit Leidenschaft, Detailkenntnis und Witz bringt Florian Illies endlich Licht in den Werdegang dieses pommerschen Kauzes und in die rätselhaften Lebensgeschichten seiner Werke.
Das von Florian Illies meisterhaft erzählte und akribisch recherchierte Leben der Sehnsuchtsbilder und ihres Schöpfers Caspar David Friedrich führt uns von der Romantik bis hinein in unsere Gegenwart. Mit "Zauber der Stille" kann man Friedrich auf eine aufregende Weise neu entdecken – und 250 Jahre deutsche Geschichte in Abendbeleuchtung.
Caspar David Friedrichs abendliche Himmel wecken und weckten bei den Betrachtern große Gefühle: Den „Dichterfürsten“ Johann Wolfgang von Goethe machte die Schwermut der Werke so wütend, dass er meinte, eines der Werke Friedrichs am Tischbein zerschlagen zu müssen, um seine Wut loszuwerden. Der amerikanische Filmemacher Walt Disney war von den Bildern so tief beeindruckt, dass er seinen Zeichnern den Auftrag gab, „Bambi“ durch Landschaften laufen zu lassen, für die Caspar David Friedrichs Bilder als Vorlage dienten. Rainer Maria Rilke, Hitler und Leni Riefenstahl verehrten ihn, das genaue Gegenteil fühlten die 68-er Generation und der russische Diktator Stalin.
Caspar David Friedrich: »Ich muß allein bleiben und wissen, dass ich allein bin, um die Natur vollständig zu schauen und zu fühlen. Ich muß mich dem hingeben, was mich umgibt, mich vereinigen mit meinen Wolken und Felsen, um das zu sein, was ich bin.«
Illies stellte sich vor etwa fünf Jahren die Frage, wie es sein könne, dass ein Maler, den wir heute so selbstverständlich für einen Maler halten, der zu uns spricht und uns mit seinen Bildern tief berührt, dass dieser Maler in seiner eigenen Zeit oder unmittelbar nach seinem Tod (1840) niemanden erreicht hätte, ja, dass sein Name in den kunsthistorischen Büchern, erschienen von 1860-1880, überhaupt nicht erwähnt wurde.
Antworten auf diese und andere Fragen erhält der Leser mit der Lektüre dieses informativen, geistreichen und stilistisch elegant erzählten Geschichts- und Geschichtenbuches.
„Caspar David Friedrich atmet Natur ein, um sie als Kunst wieder auszuatmen“ (Florian Illies).
56. L I T E R A R I S C H E M A T I N É E
17. März 2024 | 11:00 UHR
ANGELA HOFMANN LAS:
PETER WOHLLEBEN, “DAS GEHEIME LEBEN DER BÄUME: Was sie fühlen, wie sie kommunizieren – die Entdeckung einer verborgenen Welt“
Der Autor
„Die Wälder sind mein berufliches Zuhause, und die Arbeit mit Bäumen ist mein Leben.“
Peter Wohlleben, Jahrgang 1964, Deutschlands bekanntester Förster und Autor, wollte schon als kleines Kind Naturschützer werden. Er studierte Forstwirtschaft und war über zwanzig Jahre lang Beamter der Landesforst-verwaltung. Heute arbeitet er in der von ihm gegründeten Waldakademie in der Eifel und setzt sich weltweit für die Rückkehr der Urwälder ein. Er ist Gast in zahlreichen TV-Sendungen, hält Vorträge und Seminare und ist Autor von Büchern zu Themen rund um den Wald und den Naturschutz, die sich allein im deutschsprachigen Raum 2,5 Millionen Mal verkauft haben. Für seine emotionale und unkonventionelle Wissensvermittlung wurde Peter Wohlleben 2019 die Bayerische Naturschutzmedaille verliehen. Seine Bücher sind in über 45 Ländern erschienen.
Das Buch
Wer hätte das gedacht! Es gibt Lebewesen, wenn auch unbeweglich, die tauschen Botschaften aus, umsorgen liebevoll ihren Nachwuchs, pflegen alte und kranke Nachbarn, haben ein Gedächtnis, empfinden Schmerzen und bekommen sogar Sonnenbrand und Falten. Manche Bäume, wie etwa Eichen, kommunizieren über chemische Duftstoffe miteinander. Wird ein Baum von Insekten befallen, sendet er Duftsignale aus, und alle Bäume in weitem Umkreis, die diese Botschaften empfangen, wappnen sich, indem sie innerhalb von Minuten spezielle Bitterstoffe einlagern, die die Insekten vergraulen. Peter Wohlleben, zeigt in seinem Buch In faszinierenden Geschichten die ungeahnten Fähigkeiten der Bäume auf; dabei berücksichtigt er die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse ebenso wie seine eigenen Erfahrungen.
Weiterhin erläutert Peter Wohlleben anschaulich, was vielen Menschen bis dahin unbekannt gewesen sein dürfte. Die Art, wie Bäume über das Wurzelgeflecht untereinander verbunden sind, sich gegenseitig unterstützen, Informationen austauschen, ihre Lebenszyklen koordinieren, ist sicherlich eine dieser Informationen, die Wohlleben in alle möglichen Facetten zerlegt und stets sehr lebensnah und wirklich unterhaltsam beschreibt. Zur Zeit werden auch im Frankenwald so viele Bäume abgeholzt, dass ganze Wälder zu verschwinden drohen. Die anhaltende Trockenheit, die ideale Lebensgrundlage für den Borkenkäfer, bringt insbesondere Nadelbäume regelrecht zum Verdursten und zu Fall.
„15 Jahre eines steinigen Weges, gepflastert mit Widerständen der Jagdlobby und Forstverwaltung, führten zum Erfolg: Mein Revier ist heute eines der wenigen, die konsequent den Weg zurück zu urwaldähnlichen Laubwäldern beschreiten. Pferde statt Holzerntemaschinen, Buchen statt Fichten, völliger Verzicht auf Chemieeinsatz, keine Kahlschläge mehr: Die Natur rund um Wershofen atmet auf.“ (Peter Wohlleben)
55. L I T E R A R I S C H E M A T I N É E
25. Februar 2024 | 11 Uhr
Das Buch „Die Unfähigkeit zu trauern - Grundlagen kollektiven Verhaltens“ (1967) von Alexander Mitscherlich und Margarete Mitscherlich-Nielsen wurde vorgestellt von Peter Steinhäußer.
Die Autoren
Alexander Mitscherlich
Alexander Mitscherlich (1908 -1982) studierte zunächst Geschichte, Kunstgeschichte und Philosophie in München, brach aber das Studium aufgrund von Streitigkeiten um seine Dissertation ab. Als Buchhändler in Berlin tätig wurde er wegen politischer Betätigung 1933 kurzzeitig inhaftiert. Im selben Jahr begann er in Berlin ein Medizinstudium, emigrierte 1935 in die Schweiz und studierte nun dort und in Heidelberg Medizin. 1939 legte er in Deutschland sein Staatsexamen ab und promovierte 1941 an der Universität Heidelberg. Im Anschluss daran arbeitete er als Assistent in der Neurologie am Universitätsklinikum Heidelberg, habilitierte 1949 und arbeitete u.a. als Privatdozent an der Universität Heidelberg. Alexander Mitscherlich gilt als einer der bedeutendsten Psychoanalytiker und Publizisten der Nachkriegszeit.
In den Jahren 1946/47 nahm er als Beobachter und Berichterstatter am Nürnberger Prozess gegen führende NS-Ärzte teil (Reportage: „Medizin ohne Menschlichkeit“). 1949 war er Gründer und Leiter an der Universität Heidelberg für die Abteilung psycho-somatische Medizin. 1952 wurde er in Heidelberg zum Professor ernannt. Ab 1960 war Mitscherlich Leiter des Sigmund-Freud-Instituts in Frankfurt/Main, einer Lehr- und Forschungseinrichtung für Psychoanalyse. 1966 wurde er an der Frankfurter Universität zum Lehrstuhlinhaber für Psychologie berufen. 1969 erhielt er den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. Mitscherlich war bestrebt, psychoanalytische Methoden und Erkenntnisse auf gesellschaftliche Erscheinungen anzuwenden. Seine individualpsychologisch fundierte Gesellschaftskritik an wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Phänomenen richtete sich an psychologischen Gegebenheiten aus.
Margarete Mitscherlich-Nielsen (1917-2012)
Margarete Mitscherlich-Nielsen, in Dänemark geboren, war Psychoanalytikerin, Medizinerin und Autorin zahlreicher Bücher. Die Tochter eines dänischen Arztes und einer deutschen Lehrerin studierte Medizin und Literatur in München und Heidelberg und promovierte 1950 in Tübingen. 1955 heiratete sie Alexander Mitscherlich. Gemeinsam bemühten sie sich nach dem Krieg um die Wiederbelebung der Psychoanalyse in Deutschland. 1960 war sie Mitbegründerin und Mitarbeiterin des Sigmund-Freud-Instituts in Frankfurt und viele Jahre Herausgeberin der Zeitschrift „Psyche“. Mit ihrem Mann veröffentlichte Margarete Mitscherlich 1967 das bahnbrechende Buch „Die Unfähigkeit zu trauern“. Es folgten u.a. „Die friedfertige Frau“ (1985), „Die Zukunft ist weiblich‹“(1987) und „Über die Mühsal der Emanzipation“ (1990). In Anerkennung ihres wissenschaftlichen und gesellschaftspolitischen Engagements für die Emanzipation und Chancengleichheit von Frauen erhielt Margarete Mitscherlich 2005 den Tony Sender-Preis der Stadt Frankfurt am Main.
Das Buch
Zahlreiche Analysen deutscher Patienten, die vor allem Margarete Mitscherlich in ihrer Praxis durchgeführt hatte, waren Grundlagen für die Essays des gemeinsamen Buches „Die Unfähigkeit zu trauern“. Auffällig waren die Verdrängungs- und Verleugnungs-strategien ehemaliger Hitler-Anhänger gegenüber den Verbrechen der Nazizeit und ihrer eigenen Verstrickung in die Schuld. Die fehlende Trauer, hingegen das Vorhandenseins des Gefühls einer Melancholie, bezogen die Mitscherlichs zunächst auf den Verlust des eigenen „Ich-Ideals“, einer Beeinträchtigung des Selbstwertgefühls, den die Anhänger Hitlers 1945 erlitten hätten. Um dieser Melancholie zu entgehen, hätten die Betroffenen die unmittelbare Vergangenheit ausblenden und verleugnen müssen. Sie schafften das in der Regel, indem sie sich verbissen auf ihre aktuelle Arbeit, den Wiederaufbau der zerstörten Städte und das sogenannte Wirtschaftswunder in der Adenauer-Ära konzentriert hätten.
54. L I T E R A R I S C H E M A T I N É E
28. Januar 2024 | 11 Uhr
Das Buch „Oxenberg und Bernstein“ von Catalin Mihuleac wird vorgestellt von Franz Kluge.
Fotos: Sabine Raithel
Der Autor
Catalin Mihuleac wurde geboren 1960 in Iasi, einer nordrumänischen Stadt, der in Folge eines antisemitischen Progroms 1941 mehr als 13.000 Menschen zum Opfer fielen. Der Autor arbeitet als Journalist und schreibt regelmäßig für rumänische Zeitungen. „Oxenberg & Bernstein“, die Originalausgabe erschien 2014, ist sein erster Roman auf Deutsch und wird in der rumänischen Öffentlichkeit als Tabubruch betrachtet. Die deutsche Veröffentlichung des Buches wurde durch das literarische Netzwerk TRADUKI und das Programm TPS des Rumänischen Kulturinstituts Bukarest gefördert.
Der Schriftsteller Cătălin Mihuleac machte sich mit seinem Buch über die Ermordung der Juden keine Freunde. Sein in Rumänien nur schwer erhältlicher Roman erzählt von der Zeit des Zweiten Weltkrieges in Rumänien, der mit dem NS-Regime verbündeten Regierung und von der Ermordung der jüdischen Bevölkerung, dem Pogrom in Iasi. Begangen wurden die Taten von rumänischen Soldaten, Polizisten, Zivilisten und der deutschen Wehrmacht. In einem Interview mit einer Redakteurin des Deutschlandfunks sagt der Autor: „Während des Schreibens sind meine Haare grau geworden. Denn es sind traurige Geschichten. Und dann, als „Oxenberg und Bernstein“ herauskam, habe ich Drohungen bekommen, viele Todesdrohungen, dass sie mich mit Säure übergießen wollen. Ein Geheimdienstagent sagte mir, ich solle mich in Acht nehmen, dass ich nicht für irgendetwas festgenommen werde, das ist einfach. Einem können Drogen untergeschoben werden, oder Kinderpornos. Jetzt ist es wieder ruhig, aber das nächste Buch könnte wieder einen Skandal auslösen.“
Die Geschichte
Mihuleac erzählt in einer frivol-flapsigen Sprache die Geschichte zweier jüdischer Familien, die den Pogromen in Rumänien 1941 zum Opfer fielen.
Die reiche Dora Bernstein und ihr Sohn Ben aus Amerika besuchen Iasi, die Wiege der rumänischen Kultur. Eine junge Frau, Suzy, zeigt ihnen die Stadt. Wenig später macht Ben ihr einen Antrag. Sie heiraten, und Suzy fängt an, sich für die Geschichte ihrer neuen Familie und die ihrer alten Heimat genauer zu interessieren. Mihuleac geht in diese Zeit zurück und schildert in grausamer Sprache, was damals geschehen ist.
Rumänien war mit Hitler verbündet und in dieser Zeit ebenfalls faschistisch. Mehr als 13.000 Menschen wurden erschlagen oder erschossen, erstickten oder verdursteten in Zugwaggons. Es war der Auftakt zur Judenvernichtung in Rumänien, der mehr als 250.000 Menschen zum Opfer fielen.
In der Gegenwart kommt die Familie Oxenberg in die Heimat ihrer Vorfahren, in dem Ort des Massakers, aus dem man flüchten musste. In einer verschachtelten Handlung deckt Mihuleac die grausame Vergangenheit auf und was die Familien Oxenberg und Bernstein damit zu tun haben. Erst 2004 hat Rumänien eingeräumt, dass es aktiv an der Vernichtung von Juden während des Zweiten Weltkrieges beteiligt war.
„Ich hatte das Privileg, Überlebende des Holocausts persönlich kennenzulernen. Zudem habe ich viel recherchiert. Der Roman hat mir massiv zugesetzt, mein Leben bestimmt“, sagt der Autor.
„Ein besseres Buch werden Sie in diesem Jahr nicht lesen.
Es stimmt einfach alles, jede Person, jeder Satz, jedes Wort.
Catalin Mihuleac hat ein Meisterwerk verfasst.“
Gabriel Rath, Die Presse, 28.01.2018
2023
53. L I T E R A R I S C H E M A T I N É E
10. Dezember 2023
Das Buch „Die Macht der Kränkung (2020)“ von Reinhard Haller wurde vorgestellt von Krystyna Hurec-Diaczyszyn.
Foto: Sabine Raithel
Der Autor
Der österreichische Psychiater, Psychotherapeut, forensisch-psychiatrische Gerichtsgutachter und erfolgreiche Sachbuchautor Professor Dr. Reinhard Haller wurde 1951 im Bregenzerwald geboren. Von 1971 bis 1976 studierte Haller Medizin; von 1977 bis 1983 absolvierte er die Ausbildung zum Facharzt für Psychiatrie, Neurologie und Psychotherapie. Nach seinem Studium arbeitete er von 1983 an drei Jahrzehnte als Chefarzt in einer psychiatrisch-psychotherapeutischen Klinik mit dem Schwerpunkt Suchtkrankheiten und den zugehörigen Drogenstationen sowie der Beratungsstelle „Clean“. Seine entwickelten Therapiekonzepte betrachten Süchtigkeit nicht als isolierte Störung, sondern als Symptom zugrunde liegender Probleme und verfolgen einen integrativen Therapieansatz. 1983 wurde Haller als Sachverständiger für Forensische Psychiatrie vereidigt und in dieser Funktion ist er für verschiedene in- und ausländische Gerichtshöfe, Staatsanwaltschaften,Anwälte und Versicherungen tätig. Er verfasste unter anderem Gutachten über den Sexualmörder Jack Unterweger, den NS-Arzt Heinrich Gross und den Briefbombenattentäter Franz Fuchs sowie die Täter des Amoklaufs von Winnenden, der Amokfahrt vonGraz und des Messerattentats in der BH Dornbirn.
1994 folgte die Habilitation an der Universität Innsbruck zum Thema „Psychische Störung und Kriminalität“. Seither ist er weiter als Gutachter, Berater, Autor und Vortragender tätig. Mehrere seiner Sachbücher zu psychologischen Themen standen über Monate an der Spitze der Sachbuch-Bestsellerlisten, zuletzt „Die dunkle Leidenschaft: Wie Hass entsteht und was er mit uns macht (2022)“ und „Rache: Gefangen zwischen Macht und Ohnmacht (2021)“. Basierend auf der Grundidee seines Buches „Die Macht der Kränkung“ schrieb Agnes Pluch das Drehbuch zur ORF/ZDF-Neo-Serie "Am Anschlag – Die Macht der Kränkung" von Regisseur Umut Dağ.
Das Buch
Nahezu jeder Mensch hat schon seine Erfahrungen mit Kränkungen gemacht, die für ihn problematisch werden können. Kränkungen greifen die Selbstachtung und das Ehrgefühl sowie die Werte des Einzelnen und verletzen im Innersten. Sie können Gekränkte aus der Bahn werfen, krank machen und zu grausamen Kriegen und Verbrechen führen. Der Autor äußert sich über die Wurzeln des Destruktiven: „Besonders intensiv hat sich mir die Macht der Kränkung in meiner Tätigkeit als Kriminalpsychiater und Gerichtsgutachter
gezeigt. bei zahlreichen Mördern, Räubern und Attentätern war kein anderes Motiv als tiefe Gekränktheit zu finden. Viele große Verbrecher erwiesen sich im Grunde oft als gekränkte Genies. Kränkungen sind oft die Wurzel kriminellen Verhaltens, von impulsiven Stehlhandlungen und Brandstiftungen bis zu Beziehungsdelikten und Familientragödien reichend. In neuerer Zeit bilden Kränkungen und Demütigungen die Basis des modernen Terrors."
In seinem Sachbuch veranschaulicht der Autor in verständlicher Sprache, welche Macht Kränkungen auf uns ausüben können und wie es gelingen kann, an seelischen Kränkungen nicht nur zu wachsen, sondern auch die eigene Persönlichkeit zu stärken.
52. L I T E R A R I S C H E M A T I N É E
6. November 2023
Kerstin Sperschneider stellt vor:
"Das Quartett - wie vier Frauen die Philosophie zurück ins Leben brachten"
von Clare Mac Cumhaill und Rachael Wiseman
Foto: Sabine Raithel
„Wir sind metaphysische Tiere“
Die Lebenswege der vier Protagonistinnen, Elizabeth Amscombe, Philippa Foot, Mary Midgley und Iris Murdoch, alle 1919 beziehungsweise 1920 geboren, kreuzten sich zum ersten Mal während des Studiums am Somerville-College in Oxford, das als Ausbildungsstätte für „kluge Mädchen“ galt.
Die vier Frauen begannen ihr Philosophiestudium kurz vor dem Ausbruch des zweiten Weltkriegs. Als die männlichen Professoren und Studenten eingezogen wurden, bekamen sie Unterricht von Frauen, Kriegsdienstverweigerern und geflüchteten Wissenschaftlern. In diesem Umfeld entwickelten sie eine neue Philosophie des Lebens, der Liebe und der Schönheit als Gegenmittel zum technischen, wissenschaftsorientierten und skeptischen Zeitgeist. Mac Cumhaill und Wiseman erzählen, wie bei Kaffee und Keksen, in Pubs und Speisesälen eine neue Philosophie entwickeln, in deren Zentrum der Mensch als ein «metaphysisches Lebewesen» steht.
Der Roman beschreibt die entscheidenden Jahre der Protagonistinnen zwischen 1938 und 1955. Gemeinsam war ihnen das Bemühen um eine Ethik, die sich an der Lebensrealität ausrichtet, aber auch das Festhalten an klassischen philosophischen Fragen, denn, so fassen es die Autorinnen zusammen, Menschen seien „metaphysische Tiere“. Nach dem Krieg gerät dieses „Wartime Quartet“ in Vergessenheit. Seine längst überfällige Wiederentdeckung ist ein engagiertes Plädoyer dafür, die Philosophie endlich als einen selbstverständlichen Ort für Frauen zu begreifen.
Ausgangspunkt der Recherchen für das Buch war ein Artikel von Mary Midgley im „Guardian“ 2013 mit dem Titel „Das goldene Zeitalter weiblicher Philosophie“. Clare Mac Cumhaill und Rachael Wiseman suchten daraufhin Midgley als die letzte noch Lebende des „Quartets“ auf – sie starb 2018 im Alter von 99 Jahren – und rekonstruierten die Geschichte auf der Grundlage von Erzählungen, Biografien, Tagebüchern und reichlich zusammengetragenem Archivmaterial.
„Eine gute Mischung aus Geistesgeschichte und Gossip“ urteilt die Literarische Welt Clare Mac Cumhaill ist Philosophin und Historikerin. Sie studierte am Trinity College Dublin der SOAS University of London und der University of Edinburgh. Sie lehrt an der Durham University und ist Co-Direktorin von www.womeninparenthesis.co.uk.
Im Jahr 2022 wurde sie zusammen mit Rachael Wiseman für den National Book Critics Circle Award for Biography in die engere Wahl gezogen und gewann den HWA Non-Fiction Crown Award 2022. Ihre Forschungsinteressen sind die Geschichte der Philosophie, die Metaphysik und Ontologie des Geistes sowie die Philosophie des Handelns und der Wahrnehmung.
1. Literarische Soirée
Uta Vogel las aus ihrem Buch "Dorothee - Geliebte des Markgrafen Spionin Wiens"
20. Oktober 2023 | 19 Uhr
Die Soirée wurde durch die Berufsfachschule für Musik Oberfranken mit Musik aus der Zeit der Markgräfin Wilhelmine von Bayreuth begleitet.
Dies ist die Geschichte der Dorothee von der Marwitz. Der Bayreuther Markgräfin Wilhelmine war sie Gefährtin, dem Markgrafen Friedrich Geliebte. Und Wien zählte auf sie als Geheimagentin am fränkischen Hof. Dorothees Rolle im Spiel der Mächte zwischen Preußen und Habsburg, das Markgrafentum mittendrin, wird bis heute unterschätzt, verdeckt vom Schatten der kunstsinnigen Markgräfin Wilhelmine.Davon ist die Autorin dieser spannenden Spurensuche überzeugt. Sie zeichnet ein Bild jener Jahrzehnte Mitte des 18. Jahrhunderts von Berlin über Bayreuth nach Wien – wo Dorothee nach ihrer erzwungenen Flucht um 1760 wieder auftaucht: als noch einmal gefeierte Salonière illustrer Assembleen, als Gastgeberin für Künstler, Kanzler, Kaiser …
Uta Vogel und Tanja Robitschko
Zur Autorin: Dr. Uta Vogel (*1954 in Münchberg) arbeitete für verschiedene Münchner Verlage als freie Lektorin und war Lehrbeauftragte an der Ludwig-Maximilans-Universität (LMU) München für Lektorat. Seit 2009 ist sie als Autorin tätig. Sie konzentriert sich hier hauptsächlich auf erzählende Literatur und literarische Biografien. Uta Vogel lebt in Oberbayern und Franken.
Lustwandeln in der Ausstellung von Antje Guske und Thorsten Groetschel
Tanja Kinkel, geboren in Bamberg, entdeckte schon früh die Welt der Bücher. Im Alter von acht Jahren schrieb sie Gedichte und kleine Geschichten in ihre Schulhefte, mit neun erhielt sie den ersten Literaturpreis, mit zehn verfasste sie ihren ersten Roman. Sie liebte die Welt der Antike und klassische Musik, sie lernte gerne und wollte die Welt sehen. Mit 13 war sie bei den Pyramiden, mit 14 Austauschschülerin in Japan, wo sie auch im Fernsehen auftrat. Mit 17 Jahren schrieb sie ihren ersten Roman und gewann damit ihren ersten Literaturpreis, dem noch viele folgen sollten.
Foto: Gisela Schober
„Wenn es nicht wahr ist, ist es doch gut erfunden“ (Giordano Bruno, Über die heroischen Leidenschaften II,3). Dieses italienische Sprichwort könnte als Motto für die Bücher der national wie international berühmten Autorin Tanja Kinkel stehen, die wie keine andere Schriftstellerin es versteht, geschichtliche Ereignisse und Persönlichkeiten in den Mittelpunkt ihrer spannenden, historischen Romane zu stellen und diese in ein fiktives Geschehen zu verweben; ganz nebenbei werden in diesem Rahmen, sprachlich überzeugend, wahre, sachliche Informationen vermittelt.
49. L I T E R A T U R Z I R K E L
21. Mai 2023 | Ingrid und Peter Steinhäußer stellen vor:
Klaus Kordon: „Die Zeit ist kaputt. Die Lebensgeschichte des Erich Kästner.“ (2002)
Der Autor
Klaus Kordon wurde 1943 in Ostberlin geboren und lebt heute als freischaffender Schriftsteller in Berlin. Nach einer schweren Kindheit und Jugend - der Vater fiel im Krieg, die Mutter starb, als er 13 Jahre alt war, dann Aufenthalte in Kinder- und Jugendheimen - holte er an der Abendschule das Abitur nach, studierte in einem Fernstudium Volkswirtschaft und verdiente zeitweise als Transport- und Lagerarbeiter seinen Lebensunterhalt. Als Exportkaufmann führten ihn seine Reisen nach Afrika, Asien und Indien. Vom politischen System in der ehemaligen DDR distanzierte er sich, was 1972 zu einem gescheiterten Fluchtversuch führte. Nach einem Jahr Gefängnishaft wurde er von der Bundesrepublik freigekauft und lebte fortan in Frankfurt am Main.
Klaus Kordon wurde bekannt als Autor zahlreicher Kinderbücher sowie vieler historischen Romane und erhielt renommierte nationale und internationale Preise. Für sein Gesamtwerk erhielt Kordon den Alex-Wedding-Preis der Akademie der Künste zu Berlin und Brandenburg, den Großen Preis der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendliteratur und, 2016, den Sonderpreis des Deutschen Jugendliteraturpreises.
Klaus Kordon ist verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder. "Kordon versteht sich als ein Autor, der zuallererst eine Geschichte erzählen möchte. Diese Geschichte gestaltet er poetisch, spannend, aktuell. Sie soll dem Leser Spaß machen. Dies gelingt ihm vor allem wegen seiner feinen Beobachtungsgabe, verbunden mit einem ganz natürlichen Verhältnis zu den von ihm dargestellten, denkenden, fühlenden und handelnden Personen. Er lebt mit ihnen, spricht ihre Sprache, gräbt sie als Außenseiter, als Freunde, als Hilfsbedürftige oder als Helfer, als Leidende, die nicht ohne Hoffnung bleiben, in das Gedächtnis seiner Leser ein." (jugendbuch-magazin)
Erich Kästner
Weltberühmt wurde Erich Kästner (1899–1974) durch seine Kinderbücher, doch er war auch Satiriker, Journalist, Lyriker und Moralist – ein hellwacher Beobachter seiner Zeit. Nach der Verbrennung seiner Bücher durch die Nationalsozialisten verließ er Deutschland nicht, sondern ergriff politisch und literarisch Partei.
Die Stationen in Kästners Leben werden in Klaus Kordons Buch mit Quellen, Gedichten, Zitaten, Auszügen aus Briefen oder anderen Dokumenten, unterlegt; auch Zeitgenossen kommen zu Wort. Schwerpunktmäßig wird in dem Buch von den Jahren der Kindheit, den frühen Erfolge und dann vor allem von der Zeit des dritten Reiches erzählt, als Kästner als verbotener Autor versuchte, in Deutschland weiterhin zu leben.
48. L I T E R A T U R Z I R K E L
30. April 2023 | Alexander Süß stellte vor:
„Der Süden - Geschichte einer Himmelsrichtung“ von Dieter Richter (2009)
Der Traum vom Süden
Dieter Richter, geboren 1938 in Hof/Bayern, studierte Germanistik, Altphilologie und Theologie; er lehrte als Professor für Kritische Literaturgeschichte an der Universität Bremen. Bekannt ist er als Verfasser zahlreicher kulturwissenschaftlicher Bücher. Bei Wagenbach erschienen die Bücher "Der Vesuv", "Neapel - Biographie einer Stadt" und "Carlo Collodi und sein Pinocchio“. Die Stadtväter von Amalfi erkannten und würdigten Richters Liebe zum Süden und machten ihn zum Ehrenbürger.
In seinem opulent ausgestatteten und reich bebilderten Buch eröffnet Dieter Richter, ein vorzüglicher Kenner Italiens, eine Fülle höchst ungewöhnlicher Perspektiven vom Süden.
Der Süden in dieser Kulturgeschichte ergänzt, wie ein Blick in das Inhaltsverzeichnis zeigt, die Mythologie der Himmelsrichtungen: der Osten als „Licht, Erlösung, Geheimnis und Barbarei“, der Norden als „Dunkelheit und Kälte“, der Westen als „Leere, Jenseits und Verheißung“. Von allen Himmelsrichtungen jedoch am wenigsten Aufmerksamkeit erfuhr der Süden. Diesem widmet sich nun der Germanist Dieter Richter. Die Geschichte dieser Himmelsrichtung und vieles mehr vom Sehnsuchtsort Süden erfährt der Besucher der Matinée.
„Das Buch setzt Massstäbe für anspruchsvolle kulturwissenschaftliche Essayistik“ urteilt Hans-Albrecht Koch in der Neuen Züricher Zeitung.
47. L I T E R A R I S C H E M A T I N É E
19. März 2023 | Julia Stahl stellte vor:
„Das Leben des Antoine B.“ von Paul Nizan (1905-1940)
Der Autor
Paul Nizan, ein französischer Schriftsteller und politisch engagierter Journalist, wurde am 7. Februar 1905 in Tours geboren und durchlebte dort eine leidensvolle Kindheit. Die Mutter war bigott und hart, der Vater, ein Eisenbahningenieur, war ein potentieller Selbstmörder, der Nacht für Nacht, wenn er das Haus in tödlicher Absicht verließ, den Jungen in tiefsten Ängsten zurückließ. Wegen dieses geliebten Vaters sei Nizan voll Groll und Hass 1927 in die Kommunistische Partei Frankreich (KPF) eingetreten erinnerte sich Jean-Paul Sartre, seit dem 11. Lebensjahr Klassenkamerad und enger Freund. In „L’Humanité“ und anderen Zeitungen der Partei brillierte Nizan über ein Jahrzehnt als Journalist, vor allem als Kritiker.
In seinem kurzen Leben - er starb am 23. Mai 1940, von einer Kugel getroffen beim Rückzugsgefecht von der Front in Dünkirchen, 35 Jahre alt - veröffentlichte er drei Romane „Antoine Bloyé“, „Das Trojanische Pferd“ und „Die Verschwörung“; für letzteren erhielt er den „prix interallié“.
Der Austritt aus der KPF 1939, acht Monate vor seinem Tod, war Auslöser für eine beispiellose Verleumdungskampagne der Partei mit dem Ziel, den Genossen Nizan zu vernichten. Auch nach dessen Tod schüchterte man die Verleger und Leser ein; Nizans Name sollte aus der Geschichte verschwinden.
Doch Jean -Paul Sartre kämpfte für Nizan; 1947 erschien im „Figaro littéraire“ der Protest von 25 namhaften Intellektuellen. Sartres Porträt 1960 brachte Nizans Namen und Werk wieder ans Licht. 1968 erlebte Paul Nizan als bedingungsloser klarer Denker eine Renaissance. Heute gehört sein Name zu den unsterblichen der französischen Literatur.
Das Buch
Was macht ein Leben erinnerungswürdig?
Darüber macht sich der Protagonist des Romans, Antoine Bloyé, dessen Biografie der von Nizans Vater entspricht, Gedanken. Allerdings erst dann, als es bereits zu spät scheint, ein erinnerungswürdiges Leben zu beginnen, angesichts seines nahenden Todes.
Die Welt des 1864 in der Bretagne geborenen Antoine bewegt sich, bewegt sich immer schneller. Antoine Bloyé ist stolz auf seine geradlinige Karriere bei der Eisenbahn. Der industrielle Fortschritt ist Ende des 19.Jahrhunderts in vollem Gange und Bloyé ist ein Teil davon: Der soziale Aufstieg ist ihm gewiss, ebenso Heirat und Befehlsgewalt. Der Eisenbahner, in der Zeit des Geschwindigkeits- und Technikrausches lebend, bewegt sich aber selbst nicht, bis sein beruflicher Abstieg, bedingt durch eine Panne in seinem Betrieb, jäh sein Leben aus der Bahn zu bringen droht. Doch irgendwann beschleicht ihn ein Gefühl, das er nicht abzuschütteln vermag: Was tut er da eigentlich?“
46. L I T E R A R I S C H E M A T I N É E
19. Februar 2023 | Autorenlesung | Daniel Leistner
„Der Pottensteiner Teufelspakt. Ein fränkischer Mittsommernachtstraum. Ein Märchen“ (2021)
45. L I T E R A R I S C H E M A T I N É E
22. Januar 2023 | Autorenlesung | Dr. Reinhard Heinritz
„Du bist ein Teil des Ganzen. Wendepunkte in der Klimakrise“ (2021)
Das Buch
„Wenn der Mensch mit regsamen Sinn die Natur durchforscht(…), so wirkt unter den vielfachen Eindrücken keiner so tief und mächtig wie der, welchen die allverbreitete Fülle des Lebens erzeugt“. Dieses Zitat Alexander Humboldts (Ansichten der Natur) stellt Reinhard Heinritz seinem Buch „Du bist ein Teil des Ganzen - Wendepunkte in der Klimakrise“ im Klappentext voran. Einleitend erläutert der Autor, dass sein Buch kein Beitrag zur wissenschaftlichen Klimaforschung sei, sondern eine Beschreibung der aktuellen Umwelt- und Klimadebatte, eine Suche nach ideellen Orientierungen und eine Skizze von Erneuerungen, die auch den politischen und wirtschaftlichen Bereich miteinbeziehen. Die Beschäftigung mit den Problemfeldern Emotionen (Ängste), Orientierungen ( Wertvorstellungen, Ziele) und Zahlen (Sollwert 1,5 Grad, CO2 Emissionen) führten zur Gliederung des Buches in die Bereiche „Bestandsaufnahme der neueren Umwelt- und Klimadebatte“, „Suche nach Orientierungen“, „biologische und naturphilosophische Einsichten“ und „Transformationen auf wirtschaftliche und politische Bereiche“.
„Fridays for Future hat viel bewirkt, doch die „Klimaziele“ sind noch weit entfernt. Ein Umdenken in Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft ist unvermeidlich - im Sinne einer qualitativen Nachhaltigkeit, die humane Werte einbezieht und auf soziale Gerechtigkeit zielt. Natur kann nicht nur instrumentell betrachtet werden, sondern als Inbegriff allen Lebens, von dem wir ein Teil sind. Erst die Achtung vor dieser Ganzheit, so die Leitthese dieses Buches, ist eine tragfähige Basis für die Verantwortung gegenüber künftigen Generationen.“ (Klappentext)
Der Autor
Reinhard Heinritz (geb.1954) lebt in Rödental und ist Autor von Sachbüchern über Literatur und Philosophie. Der habilitierte Germanist lehrte an Schule und Hochschule. Natur und Garten sind zwei seiner Lebensthemen. Er schreibt nicht zuletzt als kritischer Beobachter politischer Zustände.
2022
20. November 2022 | Karl-Heinz Heppt
stellte das Buch "Ein Sommer mit Montaigne“ von Antoine Compagnon vor.
Michel de Montaigne
Michel Eyquem de Montaigne oder lateinisch Michael Montanus wurde am 1533 auf Schloss Montaigne im Périgord geboren und verstarb dort 1592. Er war Jurist, Skeptiker, Philosoph, Humanist und Begründer der Essayistik. Als dem katholischen Glauben verbundener Politiker hatte er Zugang zu den einflussreichen Persönlichkeiten der französischen Monarchie am Ende der Renaissance und zu Beginn der Reformation sowie der beginnenden Gegenreformation.
„Lebe den Moment!“
Diese auffordernde Lebensweisheit hat uns einer der klügsten Köpfe Frankreichs hinterlassen; sie ist Teil seiner fast 600 Seiten umfassenden „Essais“, einem großen Werk der Weltliteratur und Lebensphilosophie.
Der Autor
Antoine Compagnon (Jahrgang 1950) ist angesehener Literaturprofessor am Collège de France und einer der führenden Montaigne-Spezialisten weltweit. Er lehrt am Collège de France in Paris und an der Columbia University in New York. Er hat zahlreiche wissenschaftliche Bücher geschrieben.
Antoine Compagnon hat für sein Buch die zentralen Passagen der „Essais“ ausgewählt, darunter Betrachtungen über die Gesprächs- und Diskussionskunst, über Gerechtigkeit und Gleichheit, über Krieg und Frieden und über Sexualität. In vierzig Kapiteln ergänzt Compagnon seine Auswahl mit klugen Hintergrundinformationen, ordnet Montaignes Texte historisch und philosophisch ein und zeigt gleichzeitig ihre aktuelle Tragweite auf.
Mit großer Klugheit und Leidenschaft erklärt Antoine Compagnon, was Montaigne uns auch heute, in einer Welt der Höchstleistung und Dauervernetzung, noch über große Lebensthemen wie Liebe, Freundschaft und Einsamkeit, Redlichkeit, den guten Schlaf und den Tod sagen kann. Die faszinierende Wiederentdeckung eines bedeutendenPhilosophen, dessen Lebensweisheiten aktueller sind denn je.
Das Buch stand monatelang auf Platz 1 der französischen Bestsellerlisten.
Literarisch-musikalische Matinee
6. November 2022 | Linde Unrein
Titel: "Ich möchte so gerne ein langes Gedicht schreiben..."
Eine Malerin und ihre Gedichte
Im Rahmen ihrer Ausstellung „Eros in Bedrängnis" liest die facettenreiche Künstlerin Linde Unrein in der Reihe Literarische Matinee im Kronacher Kunstverein aus ihren Texten und Gedichten. Begleitet wird sie dabei von Theodor Spannagel am Kontrabass und Klavier.
Sie ist eine Frau mit vielen faszinierenden Facetten: Sie ist Neurologin, Psychiaterin und Psychotherapeutin. Sie ist aber auch eine multitalentierte Künstlerin: Malerin, Zeichnerin und Literatin.
Aktuell zeigt der Kronacher Kunstverein unter dem Titel „Eros in Bedrängnis“ eine Werkschau mit Bildern der Schweinfurterin. Hierbei beschäftigt sich Unrein vor allem mit der libidinösen Beziehungsaufnahme des Menschen zu seiner Umwelt. Die erfahrene Psychotherapeutin hat dabei das weite Spektrum unseres unbewussten Fühlens, unsere Träume, inneren Bilder und zwischenmenschliche Beziehungen im Blick.
Sensibel, einfühlsam und mit untrüglichem, professionellem Blick in die menschliche Seele gelingt es Linde Unrein, den Betrachter auf die Tiefen und Untiefen, auf Freiheit aber auch auf Grenzbereiche, auf Schönheit und Schrecken des Eros im eigentlichen Sinne, sprich der Lebensenergie oder dem Lebenstrieb, aufmerksam zu machen.
„Tausende unserer Neuronen und deren Verbindungen bleiben in der Routine des Alltags ungenutzt. Da muss man einfach malen, zeichnen, filmen, schreiben, um dieses Feuerwerk der Möglichkeiten zur Anschauung zu bringen“, sagt die Künstlerin. Und so beweist sich Linde Unrein nicht nur als Therapeutin und bildende Künstlerin, sondern auch als Poetin und überaus feinsinnige und emphatische Beobachterin des menschlichen Seins. Aber hier geht sie noch tiefer, wird noch intensiver. Ähnlich wie die Figuren in ihren Bildern, die scheinbar haltlos durch den Bildraum schweben, lässt sie sich fallen in die Tiefen des Seins und des Fühlens. Den Leser oder Hörer lässt sie mit ihren lyrischen Beschreibungen teilhaben an den Eindrücken ihrer Reise ins Innere. Dabei bleibt sie ihrem unverkennbarem Stil, der auch ihre Malerei prägt, treu. Mit einer ganz eigenen lyrischen Formensprache, frei, schlicht, schnörkellos - und gleichzeitig mit enormem Tiefgang. Sie selbst beschreibt ihren künstlerischen Schaffensprozess als „Denken und Fühlen mit dem Stift“. Und so erzählt sie in ihrer Malerei immer Geschichten - und mit ihrer Lyrik malt die Wortkünstlerin Bilder.
Die Lesung begleitete Theodor Spannagel am Kontrabass und Klavier.
43. L I T E R A R I S C H E M A T I N É E
16. Oktober 2022 | Dr. Kerstin Sperschneider -
selbst Ärztin und Künstlerin - las aus dem Buch von Laura Spinney:
"1918, die Welt im Fieber. Wie die Spanische Grippe die Gesellschaft veränderte.“
Zum Buch
Gleichen sich die Corona-Pandemie und das Schicksalsjahr 1918? Laura Spinneya schreibt in ihrem Bestseller über die Spanische Grippe als weltumspannendes gesellschaftliches Phänomen.
Der Erste Weltkrieg geht zu Ende, und eine weitere Katastrophe fordert viele Millionen Tote: die Spanische Grippe. Binnen weniger Wochen erkrankt ein Drittel der Weltbevölkerung. Trotzdem sind die Auswirkungen auf Gesellschaft, Politik und Kultur weitgehend unbekannt. Ob in Europa, Asien oder Afrika, an vielen Orten brachte die Grippe die Machtverhältnisse ins Wanken, womöglich beeinflusste sie die Verhandlung des Versailler Vertrags und verursachte Modernisierungsbewegungen. Anhand von Schicksalen auf der ganzen Welt öffnet Laura Spinney das Panorama dieser Epoche. Sie füllt eine klaffende Lücke in der Geschichtsschreibung und erlaubt einen völlig neuen Blick auf das Schicksalsjahr 1918.
Das Buch ist 2018 im Carl Hanser Verlag erschienen und hat es u.a. auf die Spiegel-Bestseller-Liste geschafft.
"Es ist eine Stärke des minutiös recherchierten Buches, dass die Autorin wie in einem Kaleidoskop die unterschiedlichsten Aspekte beleuchtet und beredt die Auswirkungen dieser verheerenden Pandemie im Persönlichen wie im Gesellschaftlichen aufzeigt." Dagmar Röhrlich, Deutschlandfunk, 29.01.2018
Zur Autorin
Laura Spinney, geboren 1971, ist eine preisgekrönte britische Wissenschaftsjournalistin und Romanautorin. Sie schreibt für den National Geographic, Nature und den Economist. 1996 wurde sie mit dem Margaret Rhondda Award für Journalismus ausgezeichnet. Sie lebt in London.
Die Lesung wurde umrahmt von der Ausstellung mit Fotografien und Keramiken von Kerstin Sperschneider.
42. L I T E R A R I S C H E M A T I N É E
18. September 2022 | Krystyna Hurec-Diaczyszyn
Zur Vorstellung kam der Roman „Eine Frage der Chemie (Lessons in Chemestry)“ von Bonnie Garmus.
Der Kronacher Kunstverein lud am Sonntag, 18. September 2022 um 11 Uhr,
nach der Sommerpause ein in seine Galerie zur Literarischen Matinée.
Zur Vorstellung kam der Roman „Eine Frage der Chemie (Lessons in Chemestry)“
von Bonnie Garmus (Piper Verlag 2022).
Die Autorin
Bonnie Garmus (geb.1957) in Kalifornien, studierte englische Literatur und arbeitete lange Zeit in Seattle als Redakteurin für einen wissenschaftlichen Verlag, spezialisiert als Texterin für technische und medizinische Themen. Sie zog mit ihrem Mann nach London und arbeitete dort als Kreativdirektorin. Lange Zeit trug sie die Figur der Elizabeth Zott mit sich herum, bevor sie sie zu Papier bringen konnte.
Bei der ersten digitalen Frankfurter Buchmesse 2020 soll „Lessons in Chemistry“ die „heißeste Ware“ gewesen sein; an der Auktion für die Rechte beteiligten sich 16 Verlage.
„Eine Frage der Chemie“ ist Bonnie Garmus erster Roman, der in über 35 Ländern erschienen ist und seit Monaten die ersten Plätze der Spiegel Bestsellerliste einnimmt. Eine Serie für Apple TV, die auf dem Buch basiert, ist in Vorbereitung.
Kochen ist Chemie
Die hochbegabte Chemikerin Elizabeth Zott ist alles andere als Durchschnitt. Sie versucht in den späten 1950-er Jahren in Kalifornien beruflich in der chemischen Forschung Fuß zu fassen und stößt dabei auf eine reine Männergesellschaft im Hastings Forschungsinstitut. Diese Männer, Kollegen und Chefs, vertreten einen ausgesprochen unwissenschaftlichen, frauenfeindlichen Standpunkt zum Thema Gleichberechtigung. Nur der brillante Chemiker Calvin Evans, der am selben Institut arbeitet und schon mehrfach als Anwärter für den Nobelpreis gehandelt wurde, verliebt sich in sie. An seiner Seite findet Elizabeth für kurze Zeit privates Glück, ist aber nicht bereit, ihn zu heiraten, da sie unabhängig bleiben will. Nachdem er tödlich verunglückt ist, entdeckt sie, dass sie schwanger ist. Durch Intrigen ihrer Kollegen und als unverheiratete Schwangere verliert sie ihre Stelle. Letztendlich wird die alleinerziehende Chemikerin widerwillig aufgrund ihrer Kochkunst 1961 für das Fernsehen entdeckt. Mit der Moderation der Fernsehshow „Essen um sechs“, in der sie Kochrezepte wissenschaftlich erklärt, wird sie ein Fernsehstar. Doch obwohl ihre Anhängerschaft wächst, sind nicht alle begeistert, denn Elizabeth will den Frauen nicht einfach nur das Kochen beibringen. Sie fordert sie auch dazu auf, ihr Leben in die eigenen Hände zu nehmen, denn Kochen ist Chemie - und Chemie bedeutet Veränderung der Zustände.
Dieser „Granatenroman“ (Elke Heidenreich), „unterhaltend, witzig, klug, unwiderstehlich, zutiefst befriedigend, voller Energie, hintersinnig, warm, unwiderstehlich, ein ausgesprochenes Vergnügen“ (Klappentext), wurde von Krystyna Hurec-Diaczyszyn vorgestellt.
41. L I T E R A R I S C H E M A T I N É E
17. Juli 2022 | „Alles, was wir nicht erinnern:
Zu Fuß auf dem Fluchtweg meines Vaters“
Der Roman von Christiane Hoffmann wurde vorgestellt von Peter Steinhäußer.
"Zu Fuß?" "Zu Fuß." "Allein?" „Allein."
Am 22. Januar 2020 macht sich die Journalistin Christiane Hoffmann (*1967) in einem Dorf in Niederschlesien auf den Weg und läuft den Fluchtweg ihres 2018 verstorbenen Vaters von Niederschlesien bis ins westliche Sudetenland an die Grenze zu Bayern nach. Die Flucht und der Verlust der Heimat prägen die Kindheit der Autorin; so entsteht ein sehr persönliches Buch, geschrieben in einer literarischen Sprache.
Auf ihrer Wanderung sucht Christiane Hoffmann nach der Gegenwart der Vergangenheit; es ist aber gleichzeitig eine Suche nach dem Vater und seiner Geschichte, nach dem, was er verdrängte, um zu überleben. Als betroffene Tochter eines Flüchtlings reflektiert sie die Verletzungen und Alpträume der Vertriebenen, die auf die nächste Generation übertragen werden.
Christiane Hoffmann wuchs in Wedel bei Hamburg auf. Als Stipendiatin der Studienstiftung des deutschen Volkes studierte sie Slawistik, Geschichte und Journalistik an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, der Staatsuniversität Leningrad und der Universität Hamburg. Im Januar 2013 wechselte sie zum Nachrichtenmagazin Der Spiegel, wo sie bis Dezember 2018 stellvertretende Leiterin des Hauptstadtbüros war; seit Januar 2019 war sie Autorin des Hauptstadtbüros. Bevor sie Regierungssprecherin wurde, war Hoffmann häufig Gast in politischen Talkshows. Ihr Buch „Alles, was wir nicht erinnern. Zu Fuß auf dem Fluchtweg meines Vaters“ war nominiert für den Preis der Leipziger Buchmesse 2022 in der Kategorie Sachbuch/Essayistik.
Die Partei Bündnis 90/Die Grünen schlug Hoffmann 2021 vor. Im Januar 2022 trat sie ihr Amt als eine von zwei stellvertretenden Sprecherinnen der Bundesregierung und zudem stellvertretende Leiterin des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung an. Christiane Hoffmann ist mit dem ehemaligen Schweizer Parlamentsabgeordneten und Botschafter in Berlin, Tim Guldimann, verheiratet, hat zwei Kinder und lebt in Berlin.
40. L I T E R A R I S C H E M A T I N É E
19. Juni 2022 | „Noch ein Jahr zu leben."
Ingrid Steinhäußer stellte das Buch „Noch ein Jahr zu leben. Wie wir dieses Jahr leben können, als wäre es unser letztes“ des amerikanischen Autors Stephen Levine (1937-2016) vor.
Was wäre, wenn …
Was wäre, wenn wir die Mitteilung erhielten, wir hätten nur noch ein Jahr zu leben - 12 Monate, 52 Wochen, 365 Tage und Nächte, 8760 Stunden, 525600 Minuten? Was würden wir mit diesen, im Verhältnis zu einem langen Leben, wenigen Minuten anfangen? Würden wir überhaupt noch etwas tun? Würden wir verzweifeln, kämpfen, aufgeben, alles regeln, Wünsche erfüllen, verbleibende Zeit genießen? Was macht vor dieser Endgültigkeit noch Sinn?
Der im Jahr 2016 verstorbene erfolgreiche Poet, weltbekannte Autor und Meditationslehrer Stephen Levine ist vor allem für seine Arbeit mit Sterbenden und seine Bücher über den Umgang mit dem Tod bekannt, die er größtenteils zusammen mit seiner Frau und spirituellen Partnerin Ondrea verfasste. Sein besonderes Engagement inspirierte Menschen in besonderen Lebenssituationen; seine geleiteten Meditationen waren dabei eine wertvolle Unterstützung. Die Bestseller „Wege durch den Tod“, „Sein lassen“ und „In Liebe umgarnen“ gelten als bahnbrechend auf diesem Gebiet.
„Auch wenn wir unter seelischen und körperlichen Schmerzen leiden und manchmal Hoffnungslosigkeit in uns fühlen, sind wir niemals hilflos. Uns stehen Möglichkeiten der Heilung offen, die bisher nur wenige Menschen zur Kenntnis genommen haben. Es stehen uns Werkzeuge zur Verfügung, die uns, sorgsam angewandt, selbst über schwerstes Leid hintragen können.“
Levines eigenes bewegtes Leben führte ihn dazu, sich derart intensiv mit der eigenen Sterblichkeit zu befassen und immer wieder die Frage aufzuwerfen: Wer stirbt da, wenn wir sterben? Denn erst diese Erkenntnis erlaubt es uns, laut Levine, wirklich zu leben und unser Licht leuchten zu lassen. Leiden und Gier wurden für Levine auf Grund eines traumatischen Erlebnisses in seiner Kindheit ein Muster, das sich schon früh durch sein Leben zog. Eine kleinkriminelle Karriere - Verhaftung mit 13 Jahren wegen Diebstahls, Jugendarrest wegen unerlaubten Waffenbesitzes, bereits viermal verhaftet mit 19 Jahren - zeichnete seine ersten beiden Lebensjahrzehnte. Er genoss es, einer Clique anzugehören, die schnelle Autos, Prügeleien und Adrenalinkicks brauchte, um sich lebendig zu fühlen. Die Begegnung mit Buddha veränderte für kurze Zeit sein Verhalten, verhinderte aber nicht, dass tiefe Verwirrung und Depression auf ein vorübergehendes Hoch folgten – bis hin zur freiwilligen Einweisung in die Psychiatrie. Von dort entlassen experimentierte er mit Heroin, landete wieder im Gefängnis und begann dort erneut zu meditieren …
Das Experimentieren mit der Erkenntnis, nur noch ein Jahr leben zu können, führte dazu, dass er dieses eine Jahr tatsächlich so lebte und darüber ein Buch verfasste.
Eine spannende und informationsreiche Lesung eines außergewöhnlichen Schriftstellers!
39. L I T E R A R I S C H E M A T I N É E
24. Mai 2022 | Astrid Lindgren
Krystyna Hurec-Diaczyszyn stellte das Buch des dänischen Autors Jens Andersen „Astrid Lindgren. Ihr Leben“ (2020) und das Märchen „Klingt meine Linde“ aus Astrid Lindgren „Märchen“ (1989) vor.
Jens Andersen, geboren 1955, der sein Studium der Nordistik an der Universität von Kopenhagen mit einer Promotion abgeschlossen hatte, arbeitete viele Jahre als Literatur-kritiker für große dänische Zeitungen und lebt nun als Schriftsteller in Kopenhagen. Seit 1990 veröffentlichte er Biografien skandinavischer Persönlichkeiten, u.a. 2012 über Königin Margrethe II.; 2005 erschien auf Deutsch sein viel beachtetes Buch »Hans Christian Andersen«, für das er mehrfach ausgezeichnet wurde. Jens Andersen erhielt u.a. den Georg-Brandes-Preis, den Søren-Gyldendal-Preis und den Preis des dänischen Schriftstellerverbands.
„Astrid Lindgren. Ihr Leben“ wurde in Dänemark 2015 zum „Sachbuch des Jahres“ gekürt und erhielt den renommierten Politikens Litteraturpris; das Buch wurde in Dänemark und Schweden zum Bestseller.
38. L I T E R A R I S C H E M A T I N É E
24. April 2022
Die Coburger Autorin Nicole Eick stellte ihren neuen Kriminalroman vor.
„Wer kennt diese Frau?“ -
ein kriminelles Verwirrspiel in Bamberg.
Im Februar 2022 wurde dieses Buch als BR-Literaturtipp von der Redakteurin Ulla Müller empfohlen.
„Wer kennt diese Frau?“ Diese Frage nach der verschwundenen Edelprostituierten Eva Müller zieht sich durch den gesamten Kriminalroman. Ein toter Frauenarzt im Apartment der Dame gibt der Polizei Rätsel auf. Nicht nur weil Eva verschwunden ist – es findet sich auch keinerlei DNA von ihr. Kein Wunder, bei dem Job, meint Hauptkommissar Alfred Meister, da trägt man sicher Handschuhe ... oder? Das Ermittlerduo – Alfred als bodenständiger Franke und Dominique als taffe Kommissarin auf High Heels – geht akribisch jeder Spur nach. Und die Leser lernen derweil neben Eva auch deren Putzfrau Gudrun kennen, eine Frau mit einer ganz eigenen Geschichte. Sind Lust und Liebe Auslöser für den Mord? Oder liegt die Wahrheit im Vorleben der Prostituierten Eva oder der schwierigen Psyche von Gudrun verborgen? Verwirrspiele um mögliche Täter und Täterinnen sorgen bis zum Schluss für überraschende Wendungen. Wie stets in ihren Romanen und Krimis greift die Coburger Autorin ein brisantes gesellschaftliches Thema auf – welches, das müssen die Leser und Zuhörer selbst herausfinden!
Nicole Eick stammt aus Karlsruhe, ist aber seit Jahrzehnten in Oberfranken zu Hause und lebt heute in Coburg. Nach dem Studium der Sozialpädagogik in Bamberg arbeitete sie unter anderem im Frauenhaus, in der Schwangerenberatung und im Sozialpsychiatrischen Dienst. Ihren Beruf hat sie immer auch mit dem Schreibhandwerk verknüpft - als freie Mitarbeiterin regionaler Zeitungen ebenso wie als Autorin zahlreicher Kurzgeschichten und mehrerer Romane.
Für musikalische Pausen zum Entspannen sorgte Harald Demetz mit seiner Gitarre.
2021
37. L I T E R A R I S C H E M A T I N É E
7. November 2021 | K. J. Hurec
„Der relative Kunstbegriff“
Was ist Kunst?
Wer Gespräche von Besuchern in einer Galerie anläßlich einer Ausstellung belauscht, wird immer wieder die mit verschiedenen Untertönen formulierte Frage oder Feststellung hören: „Das soll Kunst sein!?“ Antworten auf diese Ansagen gibt es zahlreiche - wie befriedigend und informationshaltig sie sind, sei dahingestellt.
In der 37. Matinée des Kronacher Kunstvereins e.V. stellt K.J.Hurec sein im September 2021 erschienenes Buch, den Essay „Der relative Kunstbegriff“ vor. Der Autor, 1948 in München geboren und seit 1976 im Landkreis Kronach lebend, ist Pädagoge, Künstler und Mitbegründer des Kronacher Kunstvereins. Die Frage nach einer klaren, einsichtigen Definition von Kunst begleitete sein berufliches und künstlerisches Schaffen ein Leben lang. Die Essenz seiner Überlegungen und Recherchen sind in diesem Essay festgehalten; sie soll alle an Kunst Interessierte jeden Alters ansprechen.
Das Buch
Der Essay “Der relative Kunstbegriff” ist in drei Abschnitte eingeteilt. Im ersten Abschnitt zeigt Hurec an Beispielen verschiedener Kunststile und Epochen auf, wie die Quantität an Objekten, die die Kunstgeschichte als Kunstwerke benennt, in Abhängigkeit von gesellschaftlichen Veränderungen ständig wächst. Diese Zunahme der Quantität bei Objekten und Kunstkategorien steigert sich ab dem Impressionismus noch einmal drastisch bis hin zur Gegenwart. Der erste Teil des Essays ist keine umfassende Beschreibung von Kunststilen, ein Grundlagenwissen in Kunstgeschichte und Stilkunde ist von Vorteil.
Die Frage “Was ist Kunst?” wird im zweiten Teil diskutiert. Angeregt dazu wurde der Autor von Claus Borgeests Essay “Das Kunst-Urteil” aus dem Jahre 1979, in dem dieser die Existenz von Kunst verneint mit der Begründung, dass es für Kunst keine Definition, keinen eindeutigen Maßstab und keine Urteilsinstanz gäbe.
In seinen Erwiderungen auf Borgeest zeigt Hurec unter Einbeziehung verschiedenster philosophischer und gesellschaftlicher Überlegungen auf, welche Konsequenzen eine starre Definition und eine Urteilsinstanz für Kunst hätten.
Als Ursache für die Entwicklung der unterschiedlichsten Kunstkategorien und deren Kunstobjekten deckt der Autor einen multifaktoriellen Prozess auf und benennt dabei zahlreiche Faktoren, die, über die Epochen hinweg, zur Entstehung von Kunstwerken und zu deren jeweiligem Aussehen führen. Das Fazit des Autors mündet in der Feststellung, dass eine Qualifizierung von Kunstwerken im Rahmen eines komplexen Beziehungsgeflechts in einer Annäherung möglich ist. Der Essay verschafft dem Leser eine Möglichkeit, auf die Frage „Was ist Kunst“ eine Antwort zu finden.
36. L I T E R A R I S C H E M A T I N É E
3. Oktober 2021
„Romeo und Romy“ von Andreas Izquierdo
Elisabethanisches Theater in der tiefsten Provinz
Krystyna Hurec-Diaczyszyn stellte "Romeo und Romy" von Andreas Izquierdo vor
„Jedes einzelne Buch hat eine Seele. Die Seele dessen, der es geschrieben hat, und die Seele derer, die es gelesen und erlebt und von ihm geträumt haben.“ (Carlos Ruiz Zafón, „Der Schatten des Windes“)
Andrea Izquierdo ist es in seinem Roman gelungen, mit den berührenden zwischen-menschlichen Geschichten und Nebengeschichten, dezent, unaufdringlich und dennoch humorvoll, einen Wechsel der Emotionen beim Leser hervorzurufen.
Andread Izquierdo, Sohn einer spanischen Krankenschwester und eines deutschen In-genieurs, ist ein deutscher Drehbuchautor und Schriftsteller. Nach dem Abitur sammelte er erste Erfahrungen in den Massenmedien, bei Zeitungen und Rundfunk. Sein Debüt als Autor gab er mit seinem Kriminalroman „Der Saumord“. Nebenbei schrieb Izquierdo zahlreiche Sitcom- und Seriendrehbücher für renommierte Fernsehkanäle wie beispielsweise RTL, Sat 1 und den WDR. Für seine Bücher wurde er bereits mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Unter anderem mit dem Sir-Walter-Scott-Preis. Darüber hinaus stehen seine Bücher regelmäßig auf den Bestsellerlisten. Außerdem erhielt der Roman „Apoca-lypsia“ den Lovelybooks-Leserpreis in Silber für das beste Buch 2010 und es wurde auch zum Buch des Jahres bei Vorablesen.de gewählt. 2018 erhielt „Romeo & Romy“ den Kammweg Literaturpreis, im Jahr 2021 „Schatten der Welt“ den bronzenen Homer für den besten historischen Roman des Jahres. Heute lebt der Autor zusammen mit seiner Familie in Köln und ist Mitglied bei der Autorengruppe Syndikat, einem Netzwerk für deutsch-sprachige Krimiautorinnen und -autoren.
Das mitreißende, sehr kurzweilige Buch wurde, nach fast einjähriger, coronabedingter Pause der Literarischen Matinéen, von Krystyna Hurec-Diaczyszyn vorgestellt.
Ort: Galerie des Kronacher Kunstvereins,
Zeit: 3.10.2021, 11.00 -12.30 Uhr
2020
35. L I T E R A R I S C H E M A T I N É E
18. Oktober 2020
Deutscher Kaiser und Muslim? Über die Beziehungen Friedrich II. von Hohenstaufen zum Islam"
Autorenlesung mit Gerhard Goldmann
Zu Gast in der 35. Literarischen Matinée im Kronacher Kunstverein e.V. war der Autor Gerhard Goldmann aus Rudolstadt, Vorsitzender des Autorenverbandes Franken, Förster und Umweltwissenschaftler, der zahlreiche Kurzgeschichten, Gedichte und Essays veröffentlichte.
Gerhard Goldmann stellte sein Buch “Deutscher Kaiser und Muslim: Über die Beziehungen Friedrich II. von Hohenstaufen zum Islam“ vor. In diesem Buch werden alle Informationen zusammengetragen, die zur Rolle des Islam in den drei Reichen unter seiner Krone überliefert sind.
Zusammen mit den steinernen Zeugnissen, der königliche Palast in Lucera, der Torre de Frederico bei Castrogiovanni und das Castel del Monte in Apulien, die der Staufer hinterlassen hat, ergeben sie ein neues und verblüffendes Kapitel der europäischen Geschichte des dreizehnten Jahrhunderts. Spekulationen über die religiösen Anschauungen dieses Kaisers waren schon zu seinen Lebzeiten widersprüchlich und die Besorgnis des Papstes über einen Übertritt des Monarchen zum Glauben Mohammeds wird von christlichen Zeitgenossen überliefert.
Gerhard Goldmann informierte die Zuhörer anhand reichen Bildmaterials und ausgewählter Textstellen über die Zeit und das Leben Friedrichs II., beginnend bei seiner Geburt 1194 und endend mit dem Tod des Kaisers 1250. Eine von ihm durchgeführte genaue Analyse bekannter Tatsachen und Texte widerlegte Interpretationen westlicher Historiker. In seiner Schlussbetrachtung erläuterte der Autor die Tatsache, dass sich der Kaiser im Laufe seines Lebens langsam aber stetig vom Katholizismus weg und auf den Islam in seiner Gesamtheit bewegte. Was den Kaiser am Orient berauschte, waren die „alle scholastischen und kirchlichen Schranken aufhebende Weite und Unbegrenztheit des gelösten und freien Geistes“.
Eine Schlüsselstellung in seinem Buch nimmt das Castel del Monte ein, das dem Felsendom im El Quds/Jerusalem sehr ähnlich war und viele Bezüge zum Islam aufweist. Goldmann erklärte, wie er die beiden Bauwerke miteinander, z.B. das Konstruktionsprinzip des Oktogons erkennend, verglich und deren Betrachtung auf ihr Umfeld ausdehnte. Friedrichs Verhältnis zum Islam betreffend forschte er in den zur Verfügung stehenden Quellen, die Aspekte der Astronomie über die Mathematik bis hin zu den Speiseplänen der kaiserlichen Küche miteinschließend.
Der Schlusssatz seines Buches lautet: „Im Orient aber, so heißt es, trügen die Frauen als Zeichen ihrer Trauer schwarze Gewänder, seit der Staufer sie verlassen hätte.“
Gerhard Goldmann, Umweltwissenschaftler und Förster, ist Vorsitzender des AutorenVerbandes Franken und hat als Autor zahlreiche Kurzgeschichten, Gedichte und Sachtexte veröffentlicht. Für einige von ihnen wurde er u. a. beim Putlitzer-Preis (2008), bei der Stadtinszenierung Esslingen (2009) und beim Ralf-Bender-Krimipreis (2015 und 2017) ausgezeichnet.
Der Stauferkaiser Friedrich II. war die mit Abstand bedeutendste Persönlichkeit des europäischen Mittelalters. In seinem Buch „Deutscher Kaiser und Muslim?“ analysiert Gerhard Goldmann die Beziehungen des Stauferkaisers Friedrich II. zum Islam und kommt nach umfangreichen Recherchen zu dem verblüffenden Ergebnis, dass der bedeutendste Herrscher des "Heiligen Römischen Reiches" mit hoher Wahrscheinlichkeit Muslim war. In diesem Buch werden alle Informationen zusammengetragen, die zur Rolle des Islam in den drei Reichen des "größten Friedrich" überliefert sind. Zusammen mit den steinernen Zeugnissen, die uns der Stauferkaiser hinterlassen hat, ergeben sie ein neues und verblüffendes Kapitel der europäischen Geschichte des dreizehnten Jahrhunderts.
34. L I T E R A R I S C H E M A T I N É E
20. September 2020
Krystyna Hurec-Diaczyszyn leitet seit vier Jahren die Literarische Matinée des Kronacher Kunstvereins.
Am 20. September 2020 stellte sie zwei Bücher von Juli Zeh vor.
Der Kronacher Kunstverein e.V. lud am 20. September 2020 in seine Galerie zur Literarischen Matinée ein. Zur Vorstellung durch Krystyna Hurec-Diaczyszyn kamen die beiden Bücher der deutschen Autorin Juli Zeh „Corpus Delicti: Ein Prozess“ (2009) und „Fragen zu Corpus Delicti“( 2020).
Juli Zeh, 1974 in Bonn geboren, absolvierte die beiden Studiengänge Rechts-wissenschaften und Europa-und Völkerrecht in Passau und Leipzig; 2010 promovierte sie zum Dr. jur. Seit 1996 veröffentlichte Juli Zeh Erzählungen, Romane und Dramen, aber auch Kinder- und Sachbücher; darüberhinaus macht Juli Zeh in Talkshows, Zeitungen und Protestbriefen auf ihre politische Position aufmerksam. Zeitaktuelle und gesellschaftspolitische Fragen stehen in ihren Texten häufig im Vordergrund. Ihr Debütroman „Adler und Engel“ (221) wurde zu einem Welterfolg, inzwischen sind ihre Romane in 35 Sprachen übersetzt worden. Juli Zeh wurde für ihr Werk vielfach mit renommierten Literaturpreisen ausgezeichnet und u.a. 2018 auch mit dem Bundesverdienstkreuz.
„Corpus Delicti“ zählt zum Genre der Science-Fiction-Literatur. Der Roman spielt in der Zukunft in einem Überwachungsstaat, der das Ziel verfolgt, seinen Bürgern ein gesundes und langes Leben zu ermöglichen. Zur Erreichung des Ziels kontrolliert der Staat die Lebensführung jedes Einzelnen, eine ungesunde Lebensweise wird bestraft.
„Negative Utopie und Justizdrama, Politthriller und Gesellschaftsstück, handfestes Horror- und hauchzartes Geschwistermärchen“ (Süddeutsche Zeitung).
„Fragen zu Corpus Delicti“, die sich in den zehn Jahren seit Erscheinen des Erfolgsromans den Lesern gestellt haben, beantwortet Juli Zeh ausführlich in dem 2020 erschienenen, unverzichtbaren Begleitbuch.
26. Juli 2020
33. L I T E R A R I S C H E M A T I N É E
Februar 2020
„Vaticanum“ und "Codex 632" von J. R. Dos Santos, vorgestellt von Karol J. Hurec
Nachdem die Vorstellung des Romans „Das Einstein Enigma“ von J. R. Dos Santos auf eine überaus positive Resonanz gestoßen war, wurden nun die nächsten sehr gut recherchierten (sämtliche in den Romanen genannten Bücher, Manuskripte und Dokumente gibt es wirklich), informativen und spannenden Romane vorgestellt. Den Geschichtsbüchern zufolge hat ein ungebildeter Seidenweber aus Genua es geschafft, die Spanischen Könige von einem kühnen Plan zu überzeugen: Er wollte gen Westen segeln, um einen neuen Seeweg nach Indien zu finden. Wer sich mit den Details befasst, kann die Ungereimtheiten dieser Theorie kaum ignorieren. Doch weshalb waren sowohl Kolumbus selbst als auch zwei konkurrierende Königshöfe daran interessiert, die wahre Identität des großen Admiralsund Seefahrers um jeden Preis zu verschleiern? Anhand zahlreicher Indizienbeweise und handfester Fakten zeigt der Autor auf, was gegen die offizielle Version der Entdeckung Amerikas spricht und warum dieses Geheimnis seit 500 Jahren so streng gehütet wird (Codex 632). Ist Papst Franziskus das letzte Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche? Die zahlreichen jahrhundertealten Prophezeiungen scheinen sich zu bewahrheiten, als ein Kommando der Terrororganisation „Islamischer Staat“ den Heiligen Vater entführt. Exakt um Mitternacht soll im Internet seine Hinrichtung live zu sehen sein (Vaticanum).
J. R. Dos Santos wurde am 1. April 1964 in Beira, Mosambik, geboren. Er ist als Journalist, Universitätsprofessor und Nachrichtensprecher tätig und wurde 2017zum dritten Mal in Folge mit zum „besten Autor Portugals“ gewählt. Den Leserpreis des Reader’s Digest Magazins erhielt Dos Santos 2018 sogar zum siebten Mal in Folge. „The Wrath of God“ wurde 2009 mit dem Porto Literary Club Award und „The Devil’s Hand“ 2012 vom Portal de Literatura als bester Roman ausgezeichnet. „Codex 632“ und „The Einstein Enigma“ waren 2010 und 2012 für den IMPAC Dublin Literary Award nominiert. Auch für seine journalistischen Tätigkeiten wurde J. R. Dos Santos mehrfach geehrt, unter anderem für seine Reportage „Albania Bunkers“ und für sein Gesamtwerk mit dem Contributor Achievement Award (2000), der im Fernsehjournalismus dem Pulitzer-Preis gleichwertig ist.
Januar 2020
30. L I T E R A R I S C H E M A T I N É E
Biografie „Mascha Kaléko“ von Jutta Rosenkranz, vorgestellt von Peter Steinhäußer
„Vor meinem eignen Tod ist mir nicht bang, Nur vor dem Tode derer, die mir nah sind. Wie soll ich leben, wenn sie nicht mehr da sind? (…) Bedenkt: den eignen Tod, den stirbt man nur, doch mit dem Tod der anderen muss man leben.“ („Memento“ von Mascha Kaléko) Wer war die Frau, die diese berührenden Zeilen schrieb, welches Leben und welche Erfahrungen hat die Autorin dieses Gedichts geführt?
Golda Malka Aufen, später Mascha genannt, wird am 7. Juni 1907 in West-Galizien als erstes Kind des jüdischen Kaufmanns Fischel Engel mit russischer Staatsbürgerschaft geboren. Da die Eltern nach jüdischem Brauch geheiratet hatten und erst Jahre nach Maschas Geburt standesamtlich getraut wurden, galt die älteste Tochter offiziell als unehelich geboren; Mascha verschwieg ein Leben lang diese Tatsache. Das Mädchen ist sieben Jahre alt, als die Familie 1914 nach Deutschland auswandert , zunächst nach Frankfurt, dann nach Marburg und 1918 nach Berlin. Obwohl sie eine sehr gute Schülerin ist, erlaubt der Vater der begabten, äußerst bildungsbeflissenen Tochter nach dem Abschluss der Mittleren Reife kein Studium. Sie nimmt eine Stelle in einem Büro an: „ … Acht Stunden bin ich dienstlich angestellt. Und tue eine schlechtbezahlte Pflicht. Am Abend schreib ich manchmal ein Gedicht. (Mein Vater meint, das habe noch gefehlt.)“ (…) („Interview mit mir selbst“ von Mascha Kaléko).
Die attraktive junge Frau mit den dunklen Haaren und den lebhaften Augen geht nach Büroschluss oft ins „Romanische Café“, damals der Treffpunkt der Berliner Künstlerszene. Zu den Autoren, die dort regelmäßig verkehren, gehören u. a. Erich Kästner, Joachim Ringelnatz, Else Lasker-Schüler, Gottfried Benn, Alfred Döblin, Bertolt Brecht - die junge Mascha findet dort Anschluss. Mit 22 Jahren veröffentlicht sie die ersten Gedichte in Zeitungen und Zeitschriften und beginnt eine Karriere als Dichterin. Die Gedichte der scharf beobachtenden Großstadtchronistin zeichnen sich aus durch eine schnoddrige, lockere Art, zeugen von Heiterkeit, Ironie, Witz und Wehmut. Ihre Texte fangen die Details des Alltags ein und thematisieren das Auf und Ab der menschlichen Beziehungen, in denen sich fast jeder wiederfinden kann. Sie trifft den Ton, der die Großstadtmenschen anspricht und von deren privaten Ängsten und Nöten erzählt.
„Wir wachte auf. Die Sonne schien nur süärlich. Durch schmale Ritzen grauer Jalousien. Du gähntest tief. Und ich gestehe ehrlich: Es klang nicht schön - mir schien es jetzt erklärlich, dass Eheleute nicht in Liebe glühn.“ (…) (Der nächste Morgen von Mascha Kaléko)
1928 heiratet sie den 30-jährigen Journalisten Saul Kaléko, von dem sie zehn Jahre später geschieden wird, um den Vater ihres Sohnes Avitar, den Komponisten und Musikwissenschaftler Chemjo Vinaver, zu heiraten.
Ihre jüdische Herkunft blieb von den Nationalsozialisten unbemerkt; so konnte sie 1933 „Das Lyrische Stenogrammheft“ veröffentlichen, das ein Bestseller wurde und ihr ein sicheres Einkommen bescherte; 1934 erschien „Das kleine Lesebuch“. Dennoch müssen Mascha Kaléko mit Ehemann Vinaver und Sohn 1938 das Land verlassen; sie emigrieren nach Amerika, New York, wo sie bis 1959 leben. Abgeschnitten von ihrem vertrauten Sprach- und Kulturkreis muss Mascha, wie andere emigrierte deutsche Schriftsteller auch, praktisch bei Null anfangen - ihren Namen kennt niemand. Sie fühlt sich als Außenseiterin, die Sehnsucht nach der verlorenen Heimat , die finanziellen und materiellen Schwierigkeiten verändern den Ton ihrer Gedichte; sie sind nicht mehr witzig-schnoddrig, sondern kritisch-melancholisch. Erst 1955 besucht sie nach langem Widerstreben Berlin wieder. Zwei Schicksalschläge ereilen sie in den nächsten Jahren: der Tod des Sohnes 1968 und der des Ehemannes 1973. Während einer Europareise 1974 stirbt die Dichterin, die in Jerusalem lebte, in Zürich an Magenkrebs und wird dort am jüdischen Friedhof beerdigt.
Einfühlsam, warmherzig und mit einem profunden Hintergrundwissen übermittelte Peter Steinhäußer den zahlreich erschienenen Zuhörern die Lebensgeschichte der Mascha Kaléko, die von ihrer Biografin Jutta Rosenkranz anschaulich und detailliert beschrieben wurde. Gedichte zum Mitlesen und Gedichte, von Mascha Kaléko persönlich rezitiert, vervollständigten eine interessante und überaus lehrreiche Buchvorstellung.
Mascha Kaléko (1907 - 1975) wurde als Tochter jüdischer Eltern in Galizien geboren und wuchs in Berlin auf. Sie wurde als Dichterin bekannt und verkehrte in den Zwanzigerjahren in den intellektuellen Kreisen des berühmten "Romanischen Café" in Berlin. Zunächst veröffentlichte sie Gedichte in Zeitungen, bevor sie 1933 mit dem "Lyrischen Stenogrammheft" ihren ersten großen Erfolg feiern konnte. 1935 erhielt Mascha Kaléko Publikationsverbot und musste mit Mann und Sohn nach New York emigrieren; 1959 zog sie mit ihrem Man nach Israel. Nach dem Krieg fand sie mit ihren so spielerisch eleganten wie spöttisch scharfsinnigen Texten wieder ein großes Publikum.
Mascha Kaléko zählt neben Sarah Kirsch, Hilde Domin, Marie Luise Kaschnitz, Nelly Sachs und Else Lasker-Schüler zu den bedeutendsten deutschsprachigen Lyrikerinnen des 20. Jahrhunderts. Judith Rosenkranz, geboren 1957 in Berlin, studierte Germanistik und Romanistik und lebt als Autorin und Journalistin in Berlin. Sie hat Gedichte, Prosa und literarische Essays veröffentlicht, zahlreiche Autoren-Portraits und Features für den Hörfunk geschrieben und mehrere Lyrik-Anthologien herausgegeben.
Pressestimmen zu dem vielfach gelobten Buch:
„Eine große Biografie“ (Der Spiegel)
„Es ist ein wegen seiner vielen Details ein sehr schönes Buch“ (Neue Züricher Zeitung).
2019
November 2019
„Fünf Dinge, die Sterbende am meisten bereuen: Einsichten, die Ihr Leben verändern werden“ von Bronnie Ware, vorgestellt von Dr. Peter Witton, Vorsitzender des Kronacher Hospizvereins.
Die Australierin Bronnie Ware hat mehrere Jahre lang Sterbende bis zu ihrem letzten Atemzug begleitet, ihnen genau zugehört. Sie versucht in ihrem Buch fundamentale Fragen, die sich am Ende eines Lebens stellen, zu beantworten, z. B. Was zählt am Ende des Lebens wirklich? Geld, Macht, Ruhm oder Familie, Freunde, Glück in seinen Unternehmungen? Bronnie Ware stammt aus Australien und ist Autorin, Songwriterin und Sängerin. Nach einigen Jahren als Bankangestellte zog es sie in die weite Welt, sie lebte in England und auf einer Südseeinsel. Anschließend arbeitete sie acht Jahre als Palliativkrankenschwester und schrieb darüber in ihrem Blog »Inspiration and Chai«, der zur Grundlage ihres Bestsellers »5 Dinge, die Sterbende am meisten bereuen« wurde. Heute lebt Bronnie Ware wieder in Australien.
Oktober 2019
Sanfte, romantische Klavierklänge begrüßten die Besucher der 28. Literarischen Matinée in der Galerie des Kronacher Kunstverein e.V. Die Komponistin dieser Musik war Annette von Droste-Hülshoff, die auch die Protagonistin der beiden vorgestellten Romane „Fräulein Nettes kurzer Sommer“ von Karen Duve und „Grimms Morde“ von Tanja Kinkel war.
Krystyna und Cristina
Eine Charakteristik dieser multitalentierten, hochbegabten Frau aus dem 19.Jahrhundert, die Krystyna Hurec-Diaczyszyn zusammengestellt hatte, zeugte von einer starken Persönlichkeit, die posthum Deutschlands bekannteste Dichterin werden sollte, deren Gesicht als Portrait auf den alten 20-DM-Scheinen zu sehen war. Phantasievoll, rhetorisch gewandt, schauspielerisch talentiert, Meisterin der Doppelbödigkeit, freimütig und unerschrocken, kühl sezierend im Denken, auf der steten Suche nach der Wahrheit, witzig, selbstironisch mit einem lakonisch trockenen Humor und Gelassenheit, aber auch spöttisch, starrsinnig, kritisch, hin und her gerissen zwischen Glauben und Vernunft wird sie von ihren Zeitgenossen, ihrer Familie, Freunden und Biografen geschildert. Die Freifrau lebte als Spross uralten Adels in einer Zeit, die den Frauen wenig Rechte und Persönlichkeit zugestanden hatte. Auf den Plakaten, die zur Lesung aufgehängt worden waren, konnte man die Ansichten die katholische Kirche prägender Lehrväter über Frauen nachlesen. Nach Paulus wären die Weiber den Männern untertan und Aristoteles spricht von dem weiblichen Kind als Missgeburt und betrachtet das Weibliche gar als etwas Verstümmeltes im Vergleich zum Männlichen. Für Schopenhauer sei die Frau das unästhetische Geschlecht und eine Art Mittelstufe zwischen dem Kinde und dem Manne, der der eigentliche Mensch sei. Für den englischen Soziologen Herbert Spencer, ebenfalls Zeitgenosse von Annette von Droste-Hülshoff, repräsentiere das Weib den geringeren Grad der menschlichen Entwicklung und sei ein in der Entwicklung stehen gebliebener Mann. Wilhelm Grimm schließlich, schrieb an seinen Bruder Jakob, dass es mit ihr nicht gut fertig werden sei. Die innere Zerrissenheit dieser Dichterin, die offen für Neues war ohne jedoch Traditionen abbrechen zu wollen, zeigte sich auch in dem Gedicht „Unruhe“, das von Lutz Görner rezitiert wurde.
Mit der Textstelle über die Geburt von Annette, die als Siebenmonatskind zur Welt kam, nur dank einer Amme überleben konnte, zeitlebens kränkelnd und extrem kurzsichtig war, begann Cristina Fontana mit der Vorstellung des Buches „Fräulein Nettes kurzer Sommer“ von Karen Duve. Die Handlung liegt im Jahr 1820, dem Jahr, in dem Annettes „Jugendkatastrophe“ passieren sollte. Das Freifräulein hatte sich in zwei Männer verliebt; der eine, ein Adeliger vom Stande, erweckte leidenschaftliche Gefühle in ihr, der andere, ein Bürgerlicher, zollte ihrem Verstand und ihren dichterischen Fähigkeiten hohen Respekt. Eine Intrige ihres Onkels führte zu einem Bruch dieser Beziehungen und stürzte die junge Frau in tiefe Schuldgefühle und Depressionen. Ausgewählte Textstellen, die auch den ironisierenden Schreibstil der Autorin Karen Duve offenbarten, ließen die Zuhörer an diesen Konflikten teilhaben.
Das Buch von Tanja Kinkel „Grimms Morde“, vorgestellt von Krystyna Hurec-Diaczyszyn, setzt im Jahr 1821 ein, ein Jahr nach dem Erhalt des von beiden Männern gemeinsam verfassten Briefes, der Annette in einen emotionalen Abgrund gestürzt hatte. Ein Mord an einer Mätresse des ehemaligen Kurfürsten von Hessen-Kassel ist in diesem Roman der Anlass für Annette, zusammen mit ihrem Onkel und ihrer Schwester Jenny nach Kassel zu den Brüdern Grimm zu reisen und diesen mit ihnen zusammen aufklären zu wollen. Tanja Kinkel wollte mit ihrem Roman das schwierige komplexe Verhältnis zweier Geschwisterpaare zueinander darstellen, aber auch die Hintergründe erforschen, was einen Menschen dazu bringt, Mörder zu werden. Grundlage für diese Überlegung war der Roman „Die Judenbuche“, mit dem Annette von Droste-Hülshoff eine der ganz frühen Kriminalerzählungen der deutschen Literatur gelungen war.
Hierbei ist Annette von Droste-Hülshoff (1797- 1848) Protagonistin in den Büchern von Tanja Kinkel „Grimms Morde“ und Karin Duve „Fräulein Nettes kurzer Sommer“.
Grimms Morde" ist ein raffinierter Krimiplot, der in eine bis ins kleinste Detail recherchierte historische Kulisse eingebettet ist „(WDR 4 Bücher (WDR) 2018-02-06).
Der neue historische Roman der Spiegel-Bestseller-Autorin Tanja Kinkel führt zurück in das neunzehnte Jahrhundert und verbindet märchenhaftes Setting und historische Spannung mit einer grausamen Mordserie: Aus Grimms Märchen werden Grimms Morde. Die Protagonisten des Romans sind die Geschwisterpaare Annette und Jenny von Droste-Hülshoff und Jakob und Wilhelm Grimm.
Tanja Kinkel, geboren 1969 in Bamberg, gewann bereits mit 18 Jahren ihre ersten Literaturpreise. Sie studierte in München Germanistik, Theater- und Kommunikations-wissenschaft und promovierte über Aspekte von Feuchtwangers Auseinandersetzung mit dem Thema Macht. Tanja Kinkels Romane wurden in mehr als ein Dutzend Sprachen übersetzt; sie spannen den Bogen von der Gründung Roms bis zum Amerika des 21. Jahrhunderts.
„Hinreißend erzählt, aus Spaß am Erzählen, ohne jede Angeberschlaufe, ohne jeden effektheischenden Trick (Alexander Solloch NDR Kultur).“
Karen Duves Roman ist erzählt über die junge Dichterin Annette von Droste-Hülshoff und von der Welt der letzten Romantiker, die deutsche Märchen sammelten, während die gute alte Ordnung um sie herum zerfiel. Dieses Buch ist ein Porträt einer jungen Frau in einer Welt, in der nichts so blieb, wie es war.
Karen Duve, 1961 in Hamburg geboren, lebt in der Märkischen Schweiz. Sie wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Ihre Romane waren Bestseller und sind in 14 Sprachen übersetzt. Die Verfilmung ihres Romans Taxi kam 2015 in die Kinos; 2017 wurde sie mit dem Kasseler Literaturpreis für grotesken Humor (2017) ausgezeichnet.
Beide Autorinnen haben in ihren Büchern historisch genau recherchiert und bringen dem Leser die Dichterin Annette von Droste-Hülshoff sympathisch nahe.
September 2019
Ein Erlebnis der besonderen Art vor einer großen Anzahl interessierter Zuhörer war die Buchvorstellung in der 26. Literarischen Matinée in der Galerie des Kronacher Kunstverein e.V. Sabine Hempfling stellt den Roman „Das Einstein Enigma“ von J.R. Dos Santos vor, der sich weltweit schon mehr als eine Million mal verkauft hatte.
Beginnend mit den Informationen zum portugiesischen Schriftsteller Dos Santos ( u.a. mehrfach ausgezeichneter Kriegsberichtserstatter, Dozent für Journalistik, Sprecher der Abendnachrichten. 2016 Wahl zum besten Autoren Portugals) führte sie die Zuhörer geschickt, lebendig und einfühlsam in die Handlung des Romans ein, der im Original „Die Gottesformel“ heißt.
„Ich bin das Alpha und das Omega, der Anfang und das Ende, der Erste und der Letzte, der Allmächtige (Johannes, Offenbarung 22,13).“ Dieses Zitat aus der Bibel, dessen Sinn sich im Verlauf des Romans deutlicher erschließt, wurde diesem vorangestellt. In der Vorgeschichte wird von einem historischen Treffen - es existieren hiervon auch Filmaufnahmen - von Professor Albert Einstein und dem israelischen Premierminister Ben-Gurion 1951 in Princeton/USA erzählt. Zwei Themen werden von den beiden Persönlichkeiten diskutiert: die Entwicklung einer preisgünstigen, leicht zu bauenden Atombombe für Israel zur Verteidigung des Landes sowie Beweise für die Existenz bzw. Nichtexistenz Gottes. Einstein, ein Pazifist, verhält sich bei diesem Gespräch, das vom CIA abgehört wird, unentschieden.
Das erste der 43 Kapitel des fast 600 Seiten umfassenden Romans führt den Leser 2006 nach Kairo/Ägypten. Dort wird der Kryptanalytiker Tomas Noronha von der Iranerin Ariana Pakravan angesprochen. Im Auftrag ihrer Regierung bittet sie den Fachmann, an der Übersetzung eines Dokuments, eines 20-seitigen Manuskripts mit dem Titel „Die Gottesformel“ von Albert Einstein, mitzuarbeiten. Nach Einsteins eigenen Worten handele es sich um eine Formel für die größte Explosion, die je gesehen wurde.
Nach Tomas’ Zusage beginnt eine Reise der Entschlüsselung in diesem Roman, der vorwiegend dialogisch geschrieben wurde. Sabine Hempfling informierte die Zuhörer anschaulich anhand von Bildtafeln, um die Entschlüsselungsversuche besser nachvollziehen zu können, über die verschiedenen Möglichkeiten, eine Information zu verschlüsseln. Während bei einer Codierung Wörter und Sätze durch andere ersetzt werden, findet bei der Chiffrierung ein Austausch von Buchstaben statt. Weiterführend in der Entschlüsselung des Manuskripts von Einstein war die Transpositions-Chiffre, ein Anagramm, wo die Buchstaben eines Wortes in eine andere Reihenfolge angeordnet werden (z.B. Leben - Nebel). Dieses Chiffre benutzend versteckte Einstein eine Botschaft auf Deutsch in einem englischen Gedicht: „Raffiniert ist der Herrgott, aber boshaft ist er nicht.“ Bis zur Auflösung dieser Information waren die Zuhörer schon durch die souveräne und mitreißende Vortragsweise der Referentin motiviert, auch in die schwierigeren naturwissenschaftlichen Zusammenhänge einzusteigen.
Anhand gut ausgewählter Textstellen gelang es Sabine Hempfling vortrefflich, den weiteren Verlauf des Romans eindringlich den Zuhörern nahe zu bringen und neugierig auf die Lektüre dieses überaus interessanten Romans zu machen, an dessen Ende die Lösung des Einstein Rätsels (Enigma) steht.
Bemerkenswert ist dabei der Hinweis des Autors am Anfang des Buches, dass alle in dem Buch enthaltenen wissenschaftlichen Angaben wahr seien, und alle abgehandelten wissenschaftlichen Theorien von namhaften Physikern und Mathematikern vertreten würden.
Einstein, der Beweis Gottes und der Sinn des Lebens
Nach der Sommerpause lud der Kronacher Kunstverein e.V. am Sonntag, 22.9.2019 um 11 Uhr zu seiner 26. Literarischen Matinée ein. Sabine Hempfling stellt den portugiesischen Schriftsteller Dos Santos, J. R. mit dem Roman „Das Einstein Enigma“ (Münster, luzar-publishing, ²2018) vor.
José António Afonso Rodrigues dos Santos ist TV-Moderator und Sprecher der Abendnachrichten des portugiesischen Senders RTP1, mehrfach ausgezeichneter Kriegsberichterstatter und ehemaliger Dozent für Journalismus an der Neuen Universität Lissabon. Er hat das Talent, selbst anspruchsvollste Sachverhalte leicht und spannend zu vermitteln.
Mit seinen Büchern erreicht er ein Millionenpublikum und regelmäßige Bestsellerauflagen, insbesondere mit „Das Einstein Enigma“, das zudem in Kürze verfilmt werden soll. 18 Romane und sieben Essays liegen mittlerweile von ihm vor. Insgesamt wurden mehr als drei Millionen seiner Bücher verkauft, in bis zu 20 verschiedenen Sprachen. 2016 wurde er zum besten Autor Portugals gewählt. Rodrigues dos Santos lebt in Lissabon. Was wäre, wenn Einstein eine wissenschaftliche Möglichkeit entdeckt hätte, um die Existenz Gottes zu beweisen? Und was ist der Sinn des Lebens? Dieser Roman basiert auf realen Forschungsergebnissen, die zwar in engen Fachkreisen lebhaft diskutiert werden, von denen die breite Öffentlichkeit jedoch so gut wie nichts erfahren hat. Eingebettet in eine spannende Spionagegeschichte führt Dos Santos seine Leser auf anschauliche Weise in die spannende Welt der Atomphysik und Quantenmechanik ein und zeigt erstaunliche Parallelen zwischen Wissenschaft und östlicher Spiritualität auf. Ein spannender Wissenschaftsroman also um wahre Erkenntnisse aus der Quantenphysik, der die Relativitätstheorie auch für interessierte Laien verständlich macht.
L IT E R A R I S C H E M A T I N E E
Sonntag, 14. April 2019
(Text folgt)
L I T E R A R I S C H E M A T I N E E
Sonntag, 17. März 2019
zwei Kriminalromane (Text folgt)
Januar 2019
Die RAF als zentrales Thema der Literarischen Matinée
Einen wahren Besucherandrang konnte der 1.Vorsitzende des Kronacher Kunstvereins Karol J.Hurec erfreut bei der ersten Literarischen Matinée im neuen Jahr verzeichnen. Das Thema der beiden Bücher, die zur Vorstellung kamen, befasste sich mit der RAF, der Roten Armee Fraktion, die, nach ihrer Gründung 1968 in der 3.Generation noch bis zum Jahr 1998 politisch aktiv war. Eine Einführung in diese Zeit der Studentenrevolten, Demonstrationen, aber auch mörderischer, tödlicher Terrorattentaten gab Krystyna Hurec-Diaczyszyn.Weltweite Bewegungen wie die Bürgerrechtsbewegung von Martin Luther King, der im April 1968 erschossen wurde, der Prager Frühling 1968, die Studentenunruhen in Frankreich 1968, Widerstände gegen die Vietnamkriegspolitik der USA erreichten thematisch auch Deutschland. "Unter den Talaren Muff von tausend Jahren!" riefen die Studenten 1968 auf Deutschlands Straßen. In Berlin, Frankfurt, München und vielen anderen Universitätsstädten der damaligen Bundesrepublik machten sie ihrem Unmut Luft und demonstrierten gegen die verkrusteten Gesellschaftsstrukturen im Deutschland der 1960er Jahre, gegen das verstaubte Hochschulwesen, die große Koalition, den Vietnamkrieg und die fehlende Auseinandersetzung mit der NS-Vergangenheit. Aus Empörung wurde Protest, aus Protest wurde Widerstand, aus Widerstand wurde Gewalt - manche sahen in der Gewalt den einzig konsequenten Weg etwas zu verändern. Ein kleiner Teil der jungen Leute aus dem politisch linksautonomen Spektrum radikalisierte sich; die militante Vereinigung der Roten Armee Fraktion, die RAF wurde gegründet. Hinterhältige Terroranschläge und kaltblütige Morde stehen für diese drei Buchstaben.
Schlaf der Vernunft
Wie aus friedlichen Demonstranten Menschen werden konnten, die "Das System" des Staates und seiner Einrichtungen mit tödlicher Gewalt bekämpften, ist der Hintergrund für den spannenden Roman „Schlaf der Vernunft“ von Tanja Kinkel. Die Autorin, geboren 1969 in Bamberg studierte in München Germanistik, Theater- und Kommunikationswissenschaft und gewann bereits mit 18 Jahren ihre ersten Literaturpreise über Aspekte von Feuchtwangers Auseinandersetzung mit dem Thema Macht. Tanja Kinkels Romane wurden in mehr als ein Dutzend Sprachen übersetzt und mit internationalen Preisen ausgezeichnet.„Schlaf der Vernunft“ ist eine fiktive Familiengeschichte vor einem realen zeitgeschichtlichem Hintergrund. Wie soll sich eine Tochter gegenüber der Mutter verhalten, die als verurteilte Terroristin nach 20 Jahre Haft entlassen wird? Weiterhin auf Distanz gehen oder versuchen sich dem "Scheusal" zu nähern und sachten Kontakt zu knüpfen?Erzählt wird diese Geschichte einer Annäherung zweier Menschen mit komplett unterschiedlichen Weltanschauungen auf zwei unterschiedlichen Zeitebenen. Einmal im Jahre 1998 als die Mutter aus der Haftanstalt entlassen wird und die Zeit dreissig Jahre früher, als die linken Studentenproteste begannen und die Mutter als junges Mädchen in allmählich in idealistischer Verblendung in die verhängnisvollen Fänge der fanatischen Aufrührer gerät.
Ein sehr lesenswertes Buch, das ein schwieriges Thema spannend und dennoch berührend erzählt.
Die RAF hat euch lieb“
Diesen Satz schrieb Ulrike Meinhof, eine der Gründungsmitglieder der RAF, ihren Kindern, den Zwillingen Bettina und Monika, in einem Brief; so lautet auch der Titel des Buches von Bettina Röhl, das von Ingrid Steinhäußer einfühlsam vorgetragen wurde. Bettina Röhl wurde 1962 in Hamburg geboren, wo sie 1982 Abitur machte. 1986 begann sie neben ihrem Studium der Geschichte und Germanistik ihr Volontariat bei dem Zeitgeistmagazin TEMPO. Sie arbeitete unter anderem für Spiegel TV, Welt online, Cicero und Wirtschaftswoche und veröffentlichte zahlreiche Buchbeiträge. 2001 wurde sie mit ihren Veröffentlichungen zu Joschka Fischers Gewaltvergangenheit in stern und BILD bekannt. Nach „So macht Kommunismus Spaß“ ist „Die RAF hat euch lieb“ ihr zweites historisch-biographisches Buch über die linke Geschichte der Bundesrepublik. Die von Frau Steinhäußer ausgewählten Textstellen zeigten auf, wie traumatisch die Veränderung in der Lebensweise der Kinder war. Der gutbürgerliche familiäre Hintergrund veränderte sich zu einer für die Kinder nicht zu verstehenden Situation der Verwahrlosung und Unsicherheit. Die Mutter, auf Grund ihrer vielfältigen Aktionen zeitlich und emotional nicht mehr verfügbar, will die Kinder in ein palästinensisches Waisenhaus bringen. Ulrike Meinhof, eine Frau, die Zwänge ablehnte, zwang ihre Kinder in Situationen und Verhaltensweisen. Neben diesen persönlichen Erfahrungen reflektierte Bettina Röhl das politische Leben der 1970er Jahre. Das Buch wirkte stellenweise wie eine bittere Abrechnung mit Journalisten, Schriftstellern (Heinrich Böll), Politikern (Joschka Fischer), nicht wie ein aufklärendes Sachbuch. In ihrem Schlusswort erwähnt Röhl dann auch noch die heutige "Genderpolitik" und bezeichnet Angela Merkel als die "Königin der Antifa“. Ein Buch, das zum Nachdenken und Nachforschen anregt.
2018
Oktober 2018
Anlässlich des Endes des 1. Weltkrieges 1918 stellte Angela Degen-Madaus das literarische Sachbuch „Die Tagesordnung“ des französischen Schriftstellers Eric Vuillard vor.
Der 1968 in Lyon geborene Autor und Regisseur wurde für seine Bücher, in denen er große Momente der Geschichte neu erzählt und damit ein eigenes Genre begründet hat, u. a. mit dem Prix de l’Inaperçu und dem Franz-Hessel-Preis ausgezeichnet. 2017 bekam er für „Die Tagesordnung“ den renommierten Prix Goncourt. Vuillard beschreibt die Nazidiktatur in der Zeit von 1933-38 und schildert in diesem Buch das berühmte Geheimtreffen Adolf Hitlers am 20. Februar 1933 mit den deutschen Wirtschaftsbossen in Berlin.
Auf Einladung des Reichstagspräsidenten Hermann Göring finden sich 24 hochrangige Vertreter der Industrie zu diesem Treffen mit Adolf Hitler ein, um über mögliche Unterstützungen für die nationalsozialistische Politik zu beraten: Krupp, Opel, BASF, Bayer, Siemens, Allianz – kaum ein bekannter Name fehlt. In Kapitel 1, „Die Essenz des Bösen“, das von Angela Degen-Madaus teils kommentierend vorgetragen wurde, verspricht Adolf Hitler versammelten Wirtschaftsmanagern und Industriebossen gute Geschäfte. Vuillard erzählt in diesem Roman, der sich nicht als historisches Sachbuch versteht, mit analytischer Schärfe und satirischer Bissigkeit auf 120 Seiten der Allianz des Bösen, deren Essenz der Terror ist.
Ein anderer Schauplatz, Jahrzehnte später. „Unsere Seelen bei Nacht“, vorgestellt von Cristina Fontana
In Holt, einer fiktiven Kleinstadt in Colorado klingelt eines Tages klingelt Addie, eine Witwe von 70 Jahren, bei ihrem Nachbarn Louis. Sie macht ihm einen ungewöhnlichen Vorschlag: Ob er nicht ab und zu bei ihr übernachten möchte. Louis lässt sich darauf ein. Und so liegen sie Nacht für Nacht nebeneinander und erzählen sich ihre Leben.„Unsere Seelen bei Nacht“, der letzte Roman von Kent Haruf, der posthum erschien, wurde informativ und einfühlsam von Cristina Fontana vorgestellt. Der amerikanische Schriftsteller Kent Haruf (1943–2014) wurde unter anderem mit dem Whiting Foundation Writers’ Award, dem Wallace Stegner Award und dem Mountains & Plains Booksellers Award ausgezeichnet. Alle seine sechs Romane spielen in der fiktiven Kleinstadt Holt im US-Bundesstaat Colorado. Wahrhaft und authentisch leben, auch wenn die Umwelt sie dafür verurteilt, kein Sex, sondern Nähe und Geborgenheit beim anderen finden, die Einsamkeit durch eine innige Bindung, die später Liebe wird, überwinden, verlorene Träume und Wünsche thematisieren - das sind die Inhalte dieser auf ungewöhnliche Art eingegangenen Partnerschaft. In seiner Sprache reduziert, in der Beschreibung einfach bis zum Banalen, direkte und unmittelbare Dialoge kennzeichnen den sprachlichen Stil dieses anrührenden Liebesromans, der ein überraschendes Ende aufweist.
September 2018
Autorenlesung, Isabella Maria Kern, Österreichische Autorin im Kronacher Kunstverein e.V.
Die österreichische Autorin Isabella Maria Kern stellte im Rahmen der Literarischen Matinée einer zahlreich erschienenen interessierten Zuhörerschaft ihre beiden Romane „Li - Tote Mädchen haben keinen Sex“ und „Augustine: In den Schuhen der anderen“ vor.
Zwangsprostitution junger, minderjähriger Mädchen ist das Thema des Erstlingswerkes der Autorin. Ein ordnungsliebender, arroganter und egoistischer Journalist, der sich gerade in einer Sinnkrise befindet, besucht aus Frust und Lust auf Sex zum ersten Mal in seinem Leben ein Bordell. Dort lernt er die 15-jährige Vietnamesin Li kennen, die ihm ihre Geschichte erzählt, anstatt Sex mit ihm zu haben. Li kam mit dem Versprechen nach Wien, dass sie hier Medizin studieren könnte, wurde aber stattdessen an einen Zuhälter verkauft, der sie mehrfach missbrauchte. Noch in der Nacht nach dem Besuch des Journalisten und einer weiteren Vergewaltigung durch den Zuhälter begeht die Vietnamesin Selbstmord und hinterlässt zwei Briefe. Der durch diese Tat zutiefst getroffene Journalist versucht, im Verlauf der Ereignisse (Verfolgung, Mord, Kündigung, paranormales Erleben …) sein Leben wieder in den Griff zu bekommen.
Isabella Maria Kern, die hauptberuflich Krankenschwester war und nun als frei schaffende Schriftstellerin lebt, stellte ihren Roman engagiert und zum Weiterlesen motivierend vor. Auf Nachfragen bezüglich der Recherchen wie z.B. der Szenen im Bordell erzählte sie, dass sie im Rahmen einer Sendung im österreichischen Fernsehen eine Bordellbesitzerin kennengelernt, von ihr eine Menge Informationen erhalten und sich sogar deren Etablissement persönlich angeschaut hätte. Die Auseinandersetzung mit problembeladenen Themenbereichen wie Zwangsprostitution, Intersexualität und deren Veröffentlichung in ihren Romanen ist der Autorin ein besonderes Anliegen. Neben dem Unterhaltungswert soll der Leser auch zum Nachdenken oder besser noch zum Umdenken aufgefordert werden und den Problemen der Mitmenschen nicht zynisch abwertend, sondern empathisch entgegentreten. In diesem Sinne ist auch „Augustine - In den Schuhen der anderen“, das nächste Buch, das mit Leseproben vorgestellt wurde, zu verstehen. Dieser erotische Beziehungsroman erzählt die irreale Geschichte einer in der Wirklichkeit unauffälligen, in sexueller Hinsicht unerfahrenen Frau, die mit Hilfe einer besonderen „Gabe“ in die Körper anderer Frauen schlüpft, transcorporiert, um leidenschaftlichen Sex zu haben und sich wenigstens für kurze Zeit der Illusion hinzugeben, geliebt zu werden. Bemerkenswert war das Titelbild des Buches „Li“, das die Autorin als Gemälde mitgebracht hatte. Ein Bekannter der Familie hatte es spontan nach der Lektüre des Romans, der ihn sehr berührt hatte, gemalt.
August 2018
Menschliches, Allzumenschliches, Der Mensch Nietzsche …..
Der 1. Vorsitzende des Kronacher Kunstverein e.V., Karol J.Hurec begrüßte die die zahlreichen, interessierten Zuhörer die sich schwerpunktmäßig über das Leben und Leiden, die Persönlichkeit und die Philosophie dieses großartigen Denkers informieren wollten.
„Der Mensch mag sich noch so weit mit seiner Erkenntnis ausrecken, sich selber noch so objektiv vorkommen: zuletzt trägt er doch Nichts davon, als seine eigene Biografie.“ (Nietzsche, Menschliches, Allzumenschliches)
Dieses Motto Nietzsches stellte Lou Andreas-Salomé dem ersten Abschnitt von dreien in ihrer Biographie „Friedrich Nietzsche in seinen Werken“ voran.
Dieses Buch wurde in der Literarischen Matinée anlässlich der Installation „Also sprach Zarathustra“ von Peter Rutzmoser in der Galerie des Kronacher Kunstverein e.V. von Krystyna Hurec-Diaczyszyn vorgestellt.
Lou Andreas-Salomé ( 1861-1937), eine der bekanntesten Schriftstellerinnen, Essayistinnen und Psychoanalytikerinnen ihrer Zeit, sah ihre Aufgabe als Biographin darin, den Denker durch den Menschen Nietzsche zu erläutern, denn wie bei keinem anderen Philosophen fielen äußeres Geisteswerk und inneres Lebensbild so völlig in eins zusammen. Dass Nietzsche auch ein Musiker von hoher Begabung war, konnten die Zuhörer der eingangs gespielten, von Nietzsche komponierten Klavierstücke entnehmen. Lou Andreas-Salomés Ausführungen stellten das eigene Selbst als zentrales Thema Nietzsches heraus u.a. ausgehend von der Selbsttäuschung, der Selbstspaltung, der Selbsterduldung zur geistigen Selbstversenkung und dem absoluten Selbstuntergang; Nietzsche selbst bezeichnete sich in einem seiner letzten Gedichte als Selbstkenner und Selbsthenker.
Irvin D.Yalom
Die Isoliertheit, Hilfsbedürftigkeit und Verzweiflung des brillanten Philosophen Nietzsche, der in seinem unzeitgemäßen Denken seiner Zeit weit voraus war, war für Irvin D.Yalom (geb. 1931), einem der bekanntesten und einflussreichsten Therapeuten in den USA, Anlass, einen Lehrroman für seine Studenten zu schreiben, der diese nach Wien in die Zeit des ausgehenden 19.Jahrhunderts versetzen sollte. „Und Nietzsche weinte“ ist ein fiktiver Roman, in der der Philosoph Friedrich Nietzsche in der Interaktion mit Dr. Josef Breuer, Mentor Sigmund Freuds, eine Hauptrolle bei der Entstehung des Fachgebiets der Psychotherapie spielt.
Die Ereignisse in diesem Roman sollten laut Yalom eine tatsächliche Möglichkeit darstellen, so als hätte das fiktiv Geschriebene sich wirklich zugetragen. Dr. Josef Breuer wird von Lou Salomé gedrängt, dem suizidgefährdeten Friedrich Nietzsche zu helfen und ihn von seiner zerstörerischen Besessenheit für sie zu heilen. Breuer willigt ein und unterzieht den Philosophen einer „Redekur“, einer neuartigen Heilmethode. Zwischen Patient und Arzt finden heftige Rededuelle statt, deren Ausgang für beide unerwartet ist.
Krystyna Hurec-Diaczyszyn verwies bei der Vorstellung der beiden Bücher noch auf zusätzliches Lesematerial, so die Biografien von Kerstin Decker über Nietzsches Schwester Elisabeth Förster-Nietzsche („Die Schwester“) und Lou Andreas-Salomé („Der bittersüße Funke Ich“) wie auch auf die Filme (DVD) „Und Nietzsche weinte“ und „Lou“.
Juli 2018
Autorenlesung, Nicole Eick, Skurril und dennoch menschennah
Wieder hatte der Kronacher Kunstverein e.V. zur Literarischen Matinée eingeladen und viele Interessierte hörten mit wachsender Begeisterung der Coburger Autorin und Mitbegründerin der Autorengruppe SCHREIBSAND, Nicole Eick, zu.
1957 in Karlsruhe, der badischen Fächerstadt, geboren, begann sie mit 11 Jahren zu schreiben und beendete mit 12 Jahren ihren ersten Roman „Ferien in der Gespensterhütte“, der unveröffentlicht blieb. Nach dem Abitur studierte sie Sozialpädagogik in Bamberg und zog 1986 mit Familie nach Coburg, wo sie als Sozialpädagogin bei verschiedenen Trägern arbeitete. Von 1994 bis 2008 war sie nebenberuflich freie Mitarbeiterin der Neuen Presse Coburg und feilte nebenbei in der VHS-Schreibwerkstatt an Texten. Das Schreiben, der kreative, auch spielerische Umgang mit Sprache liegt ihr zweifellos. Die Leseproben aus ihren Büchern „Buchstabensuppe“ und „raus bist du“ weckten den Appetit auf mehr. Ironie und Lächeln, bis dieses auf den Lippen gefriert - das ist der Eindruck, den die nudeligen Attentate eines Mobbingopfers gegen seine Quälgeister in einem Büro beim Zuhörer hinterlassen.
Rache ist süß - nein, weit gefehlt! Rache ist Buchstabensuppe. Der Leser dieser Kurzgeschichte hat völliges Verständnis für die Aktionen einer - pardon! -unscheinbaren Büromaus, die in ihrer Skurrilität an die makabren und fiesen Geschichten eines Roald Dahl erinnern. Sprachlich das Wesentliche ohne große Umschweife klar und klug zu Papier gebracht, gelingt es Nicole Eick vortrefflich, den Leser auf eine Reise zu den Problemen und Nöten seiner Mitmenschen mitzunehmen und dies in Begleitung eines versteckten feinen Humors. Beeindruckend bei dieser Autorenlesung waren die kurzen, gedichtartigen Geschichten - kreative Spielereien mit Wörtern; so in der K-Geschichte, wo alle Wörter mit dem Buchstaben K beginnen oder in der schwierig vorzutragenden U-Geschichte, in der der Buchstabe u der einzige Vokal ist. Bereitwillig stellte sich Nicole Eick den Fragen ihrer Zuhörerschaft und erzählte von den Anregungen, die sie aus Zeitungsinformationen oder eigenem Erleben ihren Geschichten zugrunde legen konnte.
Mai 2018
Autorenlesung, Dr. Norbert Autenrieth, Der Mensch ist ein gar seltsames Wesen
Warum ein Lehrer so mir nichts dir nichts seine Klasse im Stich lässt, was Mephisto im Biergarten anrichtet, wie sich Kommissar Dürrbeck mit Bratwurstleichen herum-ärgern muss, was „Süßes oder Saures“ so mit sich bringt, dass das Verhältnis zur Mutter ein durchaus gespaltenes sein kann und was es mit Kräutern, Käsekuchen oder Trüffeln auf sich hat, das und mehr beinhalten Kurzgeschichten, Erzählungen und Glossen, die ernsthaft und hintergründig, satirisch und humorvoll beweisen, dass der „Mensch ein gar seltsames Wesen“ ist - und das Buch ein perfektes Lesevergnügen!
1950 in Nürnberg geboren, seit 1970 verheiratet, drei Kinder und sechs Enkel. Seit 1977 wohnhaft in Cadolzburg. Nach dem Studium für das Lehramt als Lehrer in Grund- und Hauptschulen eingesetzt, 1989 neben Berufstätigkeit bei Frau Prof. Roth in Bamberg promoviert (Volkskunde, Didaktik der Geschichte und Schulpädagogik). Von 1991 – 1997 wissenschaftlicher Assistent am Lehrstuhl für Schulpädagogik an der EWF in Nürnberg, seit 1997 in der Schulleitung oder als Schulleiter tätig, seit 2004 Rektor der Mittelschule Cadolzburg, seit 2012 im Ruhestand. Seit den siebziger Jahren beschäftigt er sich mit Mundartlyrik und –epik, aber auch mit hochdeutschen Texten, hat seitdem zahlreich in Anthologien und Zeitungen veröffentlicht und ist regional durch Lesungen bekannt, z.B. durch ein laufend aktualisiertes fränkisches Kabarettprogramm („Mer red ja ned, mer sachd ja bloas“) solo oder zusammen mit diversen Musikbeiträgen, ferner Programme mir hochdeutschen Texten (z.B. „Reißwolf und Papiertiger“ mit MIchael Lösel), daneben Mitwirkung in Rundfunksendungen. Mehrere Buchveröffentlichungen, zuletzt „Der Mensch ist ein gar seltsames Wesen 2017 (Kurzgeschichten, Erzählungen und Glossen) und „Weihnachten! Ein fränkische Lesebuch zum Fest des Jahres“ 2017. Außerdem zahlreiche fachwissenschaftliche Veröffentlichungen (historischer und pädagogischer Art), ferner Konzeption von Ausstellung, z.B. „165 Jahre Struwwelpeter“ (2006) im Stadtmuseum Zirndorf oder „Der 1. Weltkrieg im Kinderzimmer“ (2014/15) im Historischen Museum Cadolzburg. Er ist Sprecher des Collegiums Nürnberger Mundartdichter, Mitglied im Vorstand des AutorenVerband Franken, in diesem Schriftleiter des "Literarischen Journals" und der jährlichen erscheinenden Anthologie "ZimmerLese". Ferner Rundgangsleiter bei "Geschichte für Alle", Burgführer "Erlebnisburg Cadolzburg" und Schriftleiter des "Bleistift", der periodischen Zeitschrift des Heimatvereins Cadolzburg u.U. e.V.. Zahlreiche Berücksichtigung bei Literatur-Wettbewerben, zuletzt 3. Platz im "Landschreiber-Wettbewerb" des Instituts für Sondersprachen in Münster zum Thema "Sprache und Seinskategorien", 1. Preis beim 1. Fränkischen Literaturpreis 2016. Träger der bronzenen Ehrenamtsnadel des Landkreises Fürth und Verleihung des Ehrenamtspreises der Stadt Nürnberg/Iduna-Versicherung/Nürnberger Nachrichten 2016.
April 2018
Der 1. Vorsitzende des Kronacher Kunstverein e.V., Karol J.Hurec, konnte zur 16. Literarischen Matinée eine zahlreiche Zuhörerschaft begrüßen. In seinen einführenden Worten verwies er auf die überaus positive Resonanz auf dieses Literaturangebot des Kunstvereins, das sich seit Anbeginn zu einer beliebten und festen Einrichtung entwickelt hatte.
„Becoming myself“ oder „Wie man wird, was man ist“ ist das im November 2017 in Deutschland erschienene Buch des 1931 in Washington D.C. geborenen Irvin D. Yalom, das von Krystyna Hurec-Diaczyszyn vorgestellt wurde.
Dieser US-amerikanische Psychoanalytiker, Psychotherapeut, Psychiater, Schriftsteller und seit 1994 emeritierter Professor der Universität Stanford gilt als einer der bedeutendsten lebenden Vertreter der existentiellen Psychotherapie und Gruppentherapie. Für seine Verdienste in Forschung und Lehre wurde er mehrfach ausgezeichnet, u.a. ist er seit 2009 Träger des Internationalen Sigmund-Freud-Preises. Als Autor zahlreicher wissenschaftlicher Bücher und Romane schreibt er sprachlich exzellent formulierend, inhaltlich von hohem aufklärerischen Wert, menschlich bewegend, mitreißend und, wie auch in seinen „Memoiren eines Psychotherapeuten“, selbstenthüllend und ehrlich. In den 40 Kapiteln seiner Lebensgeschichte erzählt Yalom von sich und den Umbrüchen, die ihn und seine Arbeit prägten. Die Erinnerungen des inzwischen 87-jährigen Autors, dessen Eltern jüdische Einwanderer aus Russland waren und einen kleinen Lebensmittelladen betrieben, beschreiben eine Kindheit, die von Armut, Einsamkeit und Minderwertigkeitsgefühlen geprägt war, aber auch von einer eigenwilligen Zielstrebigkeit, dies hinter sich zu lassen. Yaloms Leben an der Highschool, sein Medizinstudium, seine Facharztausbildung und die sein Leben prägende Entscheidung, an der Universität Stanford in Kalifornien zu forschen und zu lehren werden bis zum heutigen Tag begleitet von seiner Frau Marilyn. Sie ist seinen Worten nach der wichtigste Mentor bzw. die wichtigste Mentorin, nach denen er als Kind vergeblich gesucht hatte. In seinen Memoiren verweist er auf psychologische Phänomene wie Übertragung und Gegenübertragung, die für jeden Psychiater ein Problem in der Therapie darstellen können. In seinen Romanen, denen Fallgeschichten zu Grunde liegen wie z.B. „Die Liebe und ihr Henker“ oder die rein fiktiv sind wie „Und Nietzsche weinte“ verwebt er geschickt theoretisches Wissen mit spannenden Handlungsabläufen. Sein 20 Jahre älterer Kollege, Rollo May, schreibt: „Yalom schreibt wie ein Engel über die Teufel, von denen wir besessen sind.“ Yalom selbst blickt am Ende seines Buches auf ein außergewöhnliches, sinnerfülltes Leben dankbar zurück und zitiert Nietzsches Zarathustra: „War das das Leben? Wohlan! Noch einmal!“
Woher wir kommen, wohin wir gehen; Der Mensch - die Krone der Schöpfung oder der Schrecken des Ökosystems? Das Buch „Eine kurze Geschichte der Menschheit“ des 37-jährigen Historikers und Professors der Jerusalemer Hebrew University Yuval Noah Harari wurde von Hinrich Ruyter vorgestellt.
Diese Universalgeschichte hielt sich mehr als 100 Wochen auf Platz Eins der nationalen Sachbuch-Bestsellerliste und bietet dem Leser auf 526 leicht lesbaren Seiten eine rasante Reise durch die vergangenen 100000 Jahre an. Dem Autor geht es darum, die drei großen Revolutionen in der Entwicklung der Spezies Mensch aufzuzeigen: Die kognitive Revolution vor 70000 Jahren, die landwirtschaftliche Revolution vor rund 12000 Jahren und die wissenschaftliche Revolution, die vor knapp 500 Jahren ihren Anfang nahm. Das Buch erzählt, welche Konsequenzen diese drei Revolutionen für den Menschen und seine Mitlebenwesen hatten und haben. Harari räumt in seiner historischen Analyse mit populären Geschichtsirrtümern auf und verweist auf die Einflüsse von Politik, Wirtschaft und Religion als entscheidende Entwicklungsmotoren. Hinrich Ruyter las auszugsweise Hararis Kapitel über die Religion vor, das als eines der brillantesten im Buch angesehen werden kann. Monotheismus (Glaube an einen allmächtigen Gott), Polytheismus (viele mächtige Gottheiten), Animismus ( alle Lebewesen haben eigene Persönlichkeiten, Bedürfnisse und Wünsche) und als Vermischung all dieser unvereinbaren Vorstellungen, Rituale und Praktiken der Synkretismus (Vermischung von religiösen Ideen oder Philosophien zu einem neuen System oder Weltbild) - der Durchschnittschrist von heute glaubt nach Harari an einen monotheistischen Gott, einen dualistischen Teufel, polytheistische Heilige und animistische Geister. Harari führt seine Überlegungen dahingehend aus, dass Religion die dritte große Kraft war, die zur Einigung der Menschheit beitrug, dennoch oft als Inbegriff für Ausgrenzung, Streit und Hass angesehen werden kann.
Wohin die Entwicklung des Menschen gehen wird - einen Ausblick oder eine Antwort darauf gibt das jüngst erschienene Buch von Yuval Harari „Homo deus - eine Geschichte von morgen“.
Februar 2018
Autorenlesung, Peter Engerisser, Quest im Kronacher Kunstverein
Der 1. Vorsitzende des Kronacher Kunstvereins Karol J.Hurec konnte zur 15. Literarischen Matinée auch dieses Mal wieder eine große Zahl interessierter Zuhörer begrüßen. Krystyna Hurec-Diaczyszyn, die Organisatorin dieser Lesungen, stellte mit ihren einführenden Worten den Kronacher Schriftsteller Peter Engerisser vor.Unter dem Pseudonym Jan Peter Andres veröffentlichte er letztes Jahr die „Schwertläufer“-Trilogie mit den beiden 1600 Seiten umfassenden Büchern „Die Reise nach Arangion“, „Die Schlüssel von Ormor“ und „Das Zepter Aranurs“.
Hintergründe: Das Interesse an Personen und Einzelschicksalen im Gegensatz zum Sammeln biografischer Daten bei seinen historischen, wissenschaftlich gehaltenen Büchern steht bei Peter Engerisser im Vordergrund für das Schreiben seiner umfassenden Romane.Umfangreiche, über Jahre dauernde Recherche, tägliche Schreibarbeit, Verfassen eines Road-Map zum besseren Verständnis der Wegstrecken, genaueste Überlegungen zu den jeweiligen Mondphasen oder Transportmittel - dies alles waren u.a. die notwendigen Vorarbeiten, die der Autor von der Idee (2010) bis zum Erscheinen des Fantasyromans (2017) erbringen musste. „In Fantasy ist alles anders, was explizit anders beschrieben wird“, erläuterte Peter Engerisser das Genre des Romans und ergänzte, dass der Roman eine Mischung aus Fantasysaga und Herr der Ringe sei.
Suche nach neuen Lebensräumen: Die Grundidee der Trilogie ist ein Vulkanausbruch, der zu einer Klimaveränderung, einer kleinen Eiszeit, führt. Die Folge sind Verschiebungen im gesellschaftlich-sozialen Bereich; eine Flucht aus den unwirtlich gewordenen Landstrichen setzt ein. Die Suche nach neuen Lebensräumen verläuft teils friedlich, ist aber auch mit Konflikten und Gewalt verbunden. Fünf Protagonisten machen sich auf eine abenteuerliche Suche nach zwei Artefakten mit dem Ziel, den Vulkan wieder unter Kontrolle zu bekommen.
Die heißen Quellen von Oridor: Peter Engerisser las aus dem Kapitel „Die heißen Quellen von Oridor“ vor. Nachdem die Vorräte der Protagonisten und ihrer begleitenden Tiere aufgebraucht waren, half für das weitere Überleben nur noch der Bau eines Floßes und die Weiterfahrt auf einem Fluss. Das Wissen um den Bau von Flößen nach fränkischen Vorbild ließ der Autor an dieser Stelle geschickt einfließen. Die Vorstellung der Bücher und der Arbeit des Autors erweckte am Ende bei den Anwesendendie Lust und Neugierde auf das Lesen dieser Fantasysaga.
Januar 2018
Autorenlesung, Iris Fleischhauer, „Licht Blick“
Zur 14. Literarischen Matinée in der Galerie des Kronacher Kunstvereins konnte der 1.Vorsitzende Karol J. Hurec eine erfreulich große Anzahl interessierter Zuhörer zu einer Autorenlesung begrüßen.
Krystyna Hurec-Diaczyszyn stellte die in Weimar geborene und aufgewachsene, jetzt in Schalkau lebende Autorin Iris Fleischhauer vor. Nach 24-jähriger Lehrertätigkeit an der Rudolf-Steiner-Schule in Coburg ist sie jetzt frei schaffende Schriftstellerin, schreibt Bücher und veröffentlicht Kurzgeschichten und Artikel in Zeitschriften. Für Kronach brachte sie die beiden Bücher „Licht Blick“ und „So ist das Leben“ mit. Es traf sich an diesem Sonntag ausgezeichnet, dass am Wochenende das beeindruckende Schauspiel über Hildegard von Bingen auf der Bühne des Kreiskulturraumes präsentiert wurde. Iris Fleischhauer berichtete über ihre Recherchen zu Jutta von Sponheim der sie eine Geschichte im Buch “Licht Blick” widmet. Magistra Jutta, Meisterin Jutta, Jutta von Sponheim, war die verehrte Lehrerin der Hildegard von Bingen. Auch sie eine der Frauen in dem Buch, deren Leben in die Zeit des Mittelalters einzuordnen ist und deren innere Stärke die Autorin zum Schreiben angeregt hatte. Iris Fleischhauer ist es wichtig, bei den aus historischer Sicht korrekten Recherchen auf den Spuren dieser von der Kirche selig oder heilig gesprochenen Frauen, deren Wirkstätten persönlich aufzusuchen. Auch wenn es sich dabei nur noch um Ruinen ehemaliger Klöster handelt. An diesen Schauplätzen versucht sie, dem wahren Leben der Frauen auf die Spur zu kommen. Wo Fakten nur lückenhaft vorhanden sind, lässt sie ihre Fantasie spielen und erfindet fiktive Begegnungen, die jedoch immer einen historisch exakten Hintergrund haben. Die Frage „Was machen Menschen aus ihrem teils schwierigen Schicksal?“ zu beantworten ist für Iris Fleischhauer von größerer Bedeutung als das Aneinanderreihen biografischer Daten. So ist das Buch „Licht Blick“ nicht ein Sachbuch über starke Frauengestalten und deren spirituelles Handeln im Mittelalter, sondern der Versuch, Tatsachen, die in eine fiktive Geschichte einfließen, wahr sein zu lassen. Die Todesnacht vom 22.12.1236, in der Jutta von Sponheim verstarb, wurde in einem Brief beschrieben, dessen Lektüre Anregung zu der Erzählung war. Viele Fragen wurden von den beeindruckten Zuhörern der Autorin zu ihrer schriftstellerischen Arbeit gestellt und von ihr sowohl kompetent als auch einfühlsam beantwortet. Im Gespräch kristallisierte sich eine Gemeinsamkeit der beschriebenen Frauen heraus: Sie verbrachten ihre Lebenszeit mit der Arbeit an den Menschen und der Natur; ihr spirituelles Handeln folgte dem Impuls und nicht der Hl. Schrift; sie leuchteten von innen heraus.
Ein Zeitsprung. Das Gedicht „In memoriam“ aus dem Band „So ist das Leben“ erzählt von der Zeit nach dem zweiten Weltkrieg, als Menschen in dem ehemaligen Konzentrationslager Buchenwald, das nach Kriegsende als sowjetisches Erziehungslager weiter fungierte, spurlos verschwanden.
Auf die Frage nach künftigen Erzählprojekten verwies Iris Fleischhauer auf das in diesem Jahr erscheinende Buch über eine Wanderung entlang der Ilm, das u.a. geografische Gegebenheiten und fiktive Begegnungen enthalten wird.
Oktober 2017
Der 1. Vorsitzende des Kronacher Kunstvereins Karl J.Hurec lud am Sonntag, 22.10.2017 um 11.00 Uhr zur 12. Literarischen Matinée in der Galerie des KKV ein. Zur Vorstellung kamen die Bücher „Schuberts Winterreise“ des britischen Opernsängers Ian Bostridge und „Die Alternative oder Macht endlich Politik!“ des ehemaligen Münchner Oberbürgermeisters Christian Udo. Diese beiden aktuellen Bücher wurden von Peter und Ingrid Steinhäuser vorgestellt.
September 2017
Die Würde des Menschen
"Evil - Das Böse" von Jan Guillou, vorgestellt von Karol J.Hurec
Der schwedische Autor Jan Guillou, geboren 1944 in Södertälje, zählt nach Astrid Lindgren zu den bekanntesten und am meisten gelesenen zeitgenössischen Autoren Schwedens. In Deutschland wurde er vor allem durch seine Polit-Thriller und historischen Romane bekannt. Viele seiner Romane wurden verfilmt, auch “Evil”, dessen Verfilmung 2004 für den Oscar nominiert wurde. “Du bist das personifizierte Böse und als solches musst du vernichtet werden!” Diese Worte brüllt der Rektor dem 14-jährigen Erik entgegen, der bereits brutaler Anführer einer berüchtigten Jugendbande ist. “Was ihm fehle, sei eine gehörige Tracht Prügel…” Doch - Erik wird fast täglich Gewalt von seinem grausamen und autoritären Vater entgegengebracht, der es genießt, seinen Sohn mit Schlägen zu quälen, zu demütigen und befriedigt darüber zu lächeln. Nach einem schwerwiegenden Vorkommnis scheint Eriks Zukunft zerstört, denn keine Schule will ihn nach seinem Rauswurf noch aufnehmen. Seine letzte Chance ist das Internat Stjärnsberg, das als Eliteschule gilt. Doch in Wahrheit wird sie von einer Clique sadistischer Primaner beherrscht und - die Lehrer schauen weg. Erik, der dort einen gewaltlosen Neuanfang wagen will, freundet sich mit dem sanften Pierre an. Doch allzu bald ist er gezwungen zu begreifen, dass in Stjärnsberg, dem Hort des Bösen, Gewalt herrscht, wie sie ihm nie zuvor begegnet ist, und es keine Rettung vor ihr zu geben scheint...
Der Autor Jan Guillou hat mit diesem stark autobiografisch geprägten Jugendroman in einer grandiosen, glasklaren Sprache einen genialen, beklemmenden und aufrüttelnden Roman mit einem grandiosen Ende über ein ernstes Thema verfasst, das die betroffen wirkenden Zuhörer zu etlichen Stellungnahmen veranlasste.
"Das bedingungslose Grundeinkommen", vorgestellt von Hinrich Ruyter
Das bedingungslose Grundeinkommen stelle einen frei zu arbeiten, sich zu engagieren, initiativ zu werden. Es sei kein zusätzliches, sondern ein grundsätzliches Einkommen - so die beiden Autoren Daniel Häni und Philip Kovce in ihrem Buch “Was fehlt, wenn alles das ist? Warum das bedingungslose Grundeinkommen die richtigen Fragen stellt”, das fachkundig von Hinrich Ruyter vorgestellt wurde. Philip Kovce forscht am Basler “Philosophicum” und ist u.a. freier Autor für die “Zeit”, die “FAZ” und die “Süddeutsche Zeitung”. Daniel Häni ist Unternehmer, Mitbegründer des Basler Kultur- und Kaffeehauses “unternehmen mitte” sowie Mitinitiator der Schweizer Volksinitiative “Für ein bedingungsloses Grundeinkommen”. Die Volksinitiative fragte zweierlei, was auch zur Thematik des Buches wurde: “Was will ich eigentlich und was würde ich tun, wenn für mein Einkommen gesorgt wäre?” Und: “Bin ich bereit, den anderen die Existenzgrundlage bedingungslos zu gewähren?”
Arbeit, Macht und Freiheit: In den drei Kapiteln Arbeit, Macht und Freiheit folgen die Autoren der zentralen Frage: “Was fehlt, wenn alles da ist?” Diese Frage stellt sich angesichts des Mangels im Überfluss, der Armut im Reichtum, der Leere in der Fülle.Die Überlegungen der Autoren zum Thema Arbeit (“Was würden Sie tun, wenn alle anderen für S d “Wer nicht arbeiten will, ist krank” vorgestellt. Als weitere Beispiele zum Thema Macht (“Wer bestimmt, wenn jeder selbst bestimmt”) wurden auf Wunsch der Zuhörer die Passagen “Emanzipation für alle” und “Was ist gerecht” vorgelesen. Nach einem Ausblick auf den dritten Ansatzpunkt Freiheit (“Wie frei sind wir, wenn wir niemanden mehr zwingen?”) mit dem Beitrag “Tanz der Freiheit” entspann sich eine rege Diskussion zwischen den Zuhörern und dem Referenten. Es ging hierbei u.a. um das Menschenbild jedes einzelnen, die Einnahmen des Staates, den Sozialstaat und seinen Verbindlichkeiten, Erziehung, Bildung, Freiheit und Freizeit.
Dieses Buch ist nach Angabe der Autoren spielerisch entstanden, es ist “ ein Satz-Buch, das immer wieder die aphoristische Zuspitzung sucht, ein Absatz-Buch, das von Passage zu Passage Gedanken verdichtet, und ein Aufsatz-Buch, das kapitelweise Phänomene beleuchtet.”
Juli 2017
„Wem gehört die Welt?: Die Machtverhältnisse im globalen Kapitalismus“ von Hanns-Jürgen Jakobs, vorgestellt von Andrea Partheymüller-Gerber
Hans-Jürgen Jakobs, geboren 1956, ist Volkswirt und einer der renommierten Wirtschaftsjournalisten des Landes. Er arbeitete u.a. für den "Spiegel" und war Chef der Online-Ausgabe und der Wirtschaftsredaktion der "Süddeutschen Zeitung". Seit 2013 ist er in verschiedenen Funktionen für die Verlagsgruppe Handelsblatt tätig, bis 2015 war er Chefredakteur des "Handelsblatts". Zum Team für dieses Buch gehören neben Jakobs rund 30 Korrespondenten der bedeutendsten deutschen Wirtschaftszeitung "Handelsblatt" sowie die Mitarbeiter des von Professor Bert Rürup geleiteten Handelsblatt Research Institute. Die 200 mächtigsten Akteure des Weltfinanzwesens werden in diesem Buch im Porträt vorgestellt. Mit ihren Billionen schweren Fonds, zusammen mehr als 40 Billionen US-Dollar – das sind 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts der Welt oder fast das Dreifache der Wirtschaftsleistung der EU - dominieren sie längst die zentralen Felder der Weltwirtschaft und konzentrieren Geld und Einfluss wie nie zuvor. Doch wer sie wirklich sind und welche Ziele sie verfolgen, wusste bisher niemand. „Mit „Wem gehört die Welt?“ hat er (Anm. der Autor) nicht nur eine spannende Frage gestellt, er hat in seinem großen Report dann auch kenntnisreiche und in ihrer zahlenträchtigen Detailschärfe auch äußerst beeindruckende und zugleich beängstigende Antworten geliefert.“ (Handelsblatt, Dietmar Neuerer)
„Glückskind mit Vater“ von Christoph Hein, vorgestellt von Peter Steinhäußer
Der Autor erzählt ironisch-humoristisch, anrührend, ohne Sentimentalität oder Sarkasmus über ein beispiellos-beispielhaftes Leben in mehr als sechzig Jahren deutscher Nachkriegsgeschichte.Christoph Hein wurde am 8. April 1944 in Heinzendorf/Schlesien geboren und wuchs nach Kriegsende in Bad Düben bei Leipzig auf.Ab 1967 studierte er an der Universität Leipzig Philosophie und Logik und schloss sein Studium 1971 an der Humboldt Universität Berlin ab. Von 1974 bis 1979 arbeitete Hein als Hausautor an der Volksbühne Berlin. Der Durchbruch gelang ihm 1982/83 mit seiner Novelle »Der fremde Freund / Drachenblut«. Hein wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, u.a. mit dem Uwe-Johnson-Preis und Stefan-Heym-Preis.
Was verdankt ein von der Mutter »Glückskind« genannter Sohn dem Vater? Seit seiner Geburt im Jahr 1945 versucht die Hauptfigur des Romans, in der entstehenden DDR lebend, auf verschiedenste Art aus dem Schatten seines Vaters, eines am Kriegsende hingerichteten Kriegsverbrechers, zu treten.
Hein verweist schon eingangs in seinem Roman darauf, dass die Personen nicht frei erfunden sind und das Buch stark autobiographische Züge trägt.
„Ein großer deutscher Roman“, so Christian Ruß bei Spiegel Online, 7.3.2016.
Juni 2017
„Der junge Stalin“ und „Kinder des Winters“ von Simon Sebag Montefiore, vorgestellt von Krystyna Hurec-Diaczyszyn
Montefiore lehrt Geschichte an der Cambridge University, wo er in Philosophie promovierte.Dieser international bekannte Schriftsteller hat zahlreiche preisgekrönte Bestseller geschrieben, die mittlerweile in 45 Sprachen übersetzt wurden.„Der junge Stalin“, erschienen 2007, wurde mit dem Costa Biography Award, dem LA Times Book Prize for Biography, dem Le Grand Prix de la Biographie Politique sowie dem Bruno Kreisky-Preis für politische Literatur ausgezeichnet, „Die Kinder des Winters“, erschienen 2015, mit dem Political Novel of the Year Prize. Wie konnte aus Stalin der brutale Herrscher werden, der in mehreren "Säuberungen" 15 Millionen Menschen ermorden ließ und durch sein brutales Vorgehen gegen die Kulaken, russische Großbauern, eine Hungersnot vom Zaun brach, an deren Ende acht Millionen Opfer standen? Können wir in Stalins Jugend Hinweise finden, die seine Verachtung gegen den Wert eines Menschenlebens verständlich machen können? Der Historiker Simon Sebag Montefiore hat zahllose unbekannte Dokumente zu Tage gefördert und erzählt die packende, bisher ungeschriebene Geschichte des jungen Josef Stalin und wie aus ihm der gefürchtete Diktator und Staatsmann wurde. Während Russland in Moskau 1945 seinen Sieg über Deutschland feiert, ertönen Schüsse. Ein Junge und ein Mädchen liegen tot auf einer Brücke. Man findet heraus, dass es die Kinder hochrangiger Offiziere waren, und beide auf die angesehenste Eliteschule Moskaus gingen. War es ein Unfall oder Mord? Es beginnt eine schonungslose Ermittlung. Kinder zwischen sieben und achtzehn Jahre werden verhaftet, Familien werden auseinandergerissen. Dieser spannende Roman beruht auf einer wahren Begebenheit.
April 2017
„Illegale Kriege: Wie die NATO-Länder die UNO sabotieren. Eine Chronik von Kuba bis Syrien“ von Dr. Daniele Ganser, vorgestellt von Andrea Partheymüller-Gerber
Der Autor, 1972 in Lugano geboren, spezialisierte sich auf Zeitgeschichte nach 1945 und internationale Politik. Seine Forschungsschwerpunkte sind Friedensforschung, Geostrategie, verdeckte Kriegsführung, Ressourcenkämpfe und Wirtschaftspolitik. Er unterrichtet am Historischen Seminar der Universität Basel und forscht zum «Peak Oil», dem globalen Kampf ums Erdöl, und dem so genannten «Krieg gegen den Terrorismus».
Das Buch ist klar und gut verständlich geschrieben, korrekt recherchiert; inhaltlich ist die Rede von Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Aggression, Machtpolitik, Kriegsverbrechen. Das erklärte Ziel des Autors ist es, der Wahrheitsfindung und dem Allgemeinwohl zu dienen und den Frieden zu bewahren.
„Ismael“ von Daniel Quinn, vorgestellt von Hinrich Ruyter
„Ismael“ ist ein 1992 erschienener Roman des ehemaligen Trappistenmönchs Daniel Quinn. Dieses Werk stellt den ersten Teil einer Trilogie dar, gefolgt von The Story of B. (1996) und My Ishmael (1997, deutscher Titel Ismaels Geheimnis).
Der Roman, der eigentlich ein Gespräch zwischen Lehrer und Schüler ist, handelt von einem orientierungslosen jungen Mann, der auf der Suche nach einer Antwort auf die Frage ist, wie er die Erde retten könne. Eines Morgens entdeckt er in der Zeitung eine Kleinanzeige, in der ein „Lehrer“ einen „Schüler mit dem ernsthaften Verlangen, die Welt zu retten“ sucht. Der Lehrer ist, wie sich herausstellt, kein Mensch, sondern ein Gorilla mit dem Namen Ismael, der gelernt hat, mit Menschen perTelepathie zu kommunizieren. Der Schüler wird unterrichtet über die Mythen der Menschheit, insbesondere der biblischen Erzählungen vom Sündenfall und der Ermordung Abels, und deren Auswirkung auf die Moral und den Umgang mit der Erde. Ismael, der Lehrer, gibt seinem Schüler Hausaufgaben auf, die er bis zum nächsten Treffen durch eigene Erkenntnis lösen soll. Dies dient Ismael dazu, die Illusion des Schülers und der Menschheit, er sei das endgültige Lebewesen, die Spitze der Evolution, einstürzen zu lassen.
März 2017
„Der König in seinem Exil“ von Arno Geiger, vorgestellt von Peter Witton
„Eine tiefgründige, charaktervolle und zeitlos gültige Auseinandersetzung mit dem, was jeden angeht: Alter und Krankheit, Heimat und Familie. Die wertvollste Lektüre des Frühjahres (2011) …. Eine Liebeserklärung an den Vater, vor allem aber ein großes Stück Literatur über das, was das Leben zu jedem Zeitpunkt lebenswert macht … (Felicitas von Lovenberg, Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 4.2.11).
Die Kritiker sind voll des Lobes über dieses Buch des vielfach preisgekrönten österreichischen Schriftstellers Arno Geiger. Er beschreibt darin anrührend, klar und feinfühlig, an vielen Stellen auch heiter die Geschichte einer Liebe zwischen einem an Alzheimer erkrankten Vaters und seinem Sohn. Diese tiefen Gefühle kommen bei diesem jedoch erst am Ende des väterlichen Lebens zum Tragen.
„Plötzlich Gänsevater: Sieben Graugänse und die Entdeckung einer faszinierenden Welt“ von Michael Quetting, vorgestellt von Krystyna Hurec-Diaczyszyn
Die Beziehung zwischen Vater und Söhnen - nur ist der Autor Michael Quetting der „Vater“ von sieben frisch geschlüpften männlichen Gänsekindern, der seine „Söhne“ auf ihren Weg ins Leben begleitet. Michael Quetting ist Laborleiter und Pilot am Max-Planck-Institut in Radolfzell am Bodensee. Für ein wichtiges Forschungsprojekt soll er die Graugänse trainieren, damit sie ihm und seinem Ultraleichtflugzeug durch die Lüfte folgen. Die Entwicklung und Abenteuer dieser Kinderbande mit ganz individuellen Eigenheiten erzählt der Autor liebevoll und mit Humor; dabei erhält der Leser wertvolle und wissenswerte Informationen über das Leben und die Verhaltensweisen von Graugänsen.
Februar 2017
„Deutschland - Erinnerungen einer Nation“ von Neil MacGregor, vorgestellt von Angela Degen-Madaus
Der internationale Bestseller nimmt In den Gesamtdarstellungen der Deutschen Geschichte den ersten Platz ein.
Der englische Autor Neil MacGregor, dessen „Geschichte der Welt in 100 Objekten“ ein historischer Bestseller geworden ist, nimmt den Leser in seinem neuen Buch mit auf eine Reise durch die deutsche Geschichte. Unterwegs lernt dieser Objekte aus rund 500 Jahren kennen, die von den - sehr unterschiedlichen - Erinnerungen einer Nation erzählen. Ob Gutenberg-Bibel oder Grimms Märchen, Eisernes Kreuz oder Bauhaus Design, Dürers Rhinozeros oder der VW-Käfer, die Krone Karls des Großen oder die Reichstagskuppel - dem Direktor (seit 2002) des Britischen Museums gelingt es, sie alle und ihre Geschichten zum Sprechen zu bringen in einem hinreißenden Buch über Deutschland, wie es noch nie eines gab.
„Stimmt vergnüglich und macht schlau“ berichtete der Stern nach dem Erscheinen dieses Buches, das überaus reich und ungewöhnlich raumfüllend bebildert ist.
Neil MacGregor wurde 2015 mit dem Friedrich-Gundolf-Preis und dem deutschen Nationalpreis ausgezeichnet.
„Mit einem Schlag alles anders“ von Thomas Baier, vorgestellt von Thomas Baier
Aus seiner ganz persönlichen Sicht stellt der Türmer von Kronach sein Buch vor. Baier erlitt 2004 einen Schlaganfall und dokumentierte die schwierige Zeit danach in seinem 2015 erschienenen Buch. Thematisiert werden darin in der Phase seiner Genesung die Wegbegleiter wie Hoffnung, Verzweiflung, Veränderung der Lebensqualität, Fragen nach dem Sinn des Geschehenen und Aufbruchsstimmung.
Januar 2017
„Viva Warszawa: Polen für Fortgeschrittene“ von Steffen Möller, vorgestellt von Peter Steinhäußer
„Gäbe es Warschau nicht, wäre ich nicht so lange in Polen geblieben …“. Der Schauspieler, Entertainer und Kabarettist Steffen Möller lebt seit 1994 in Warschau. Er ist der bekannteste und beliebteste Deutsche in Polen und hat mit seinem neuesten Buch wieder einen Bestseller geschaffen. Dieses spannende und interessante Buch über Europas meist unterschätzter Hauptstadt ist eine Mischung aus Anekdoten, vergnüglichen kleinen Geschichten und einem Kultur- und Reiseführer. Steffen Möller wurde für sein Wirken um die deutsch-polnische Verständigung u.a. mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet.
„Himmel-Herrgott-Sakrament: Auftreten statt austreten“ von Rainer Maria Schießler, vorgestellt von Ingrid Steinhäußer.
„Eine leere Kirche kann man nicht für voll nehmen“. Der überaus beliebte Münchner Stadtpfarrer schreibt offen in seinem Buch von der Notwendigkeit von Reformen und Veränderungen, die nicht von Kardinälen oder Bischöfen kommen sollten, sondern von den einzelnen Kirchengemeinden. Ungewöhnlich ehrlich und leidenschaftlich erzählt der Pfarrer, der zu Trauungen mit dem Motorrad vorfährt oder beim Oktoberfest bedient, von seiner Herkunft, seiner Glaubensprägung und der Leidenschaft für einen lebensbejahenden, christlichen Glauben.
November 2016
„Draußen nur Kännchen“ von Dr. Asfa-Wossen Asserate, vorgestellt von Jan Wolf
„Draußen nur Kännchen - meine deutschen Fundstücke“ ist der vollständige Titel des Buches des Prinzen des äthiopischen Kaiserhauses. 1948 in Addis Abbeba geboren, bestand er an der Deutschen Schule als einer der ersten Äthiopier das Abitur. Er studierte Geschichte und Jura in Tübingen und Cambridge und promovierte in Frankfurt am Main. Die Revolution in Äthiopien verhinderte die Rückkehr in seine Heimat. Er blieb in Deutschland und ist heute als Unternehmerberater für Afrika und den Mittleren Osten und als politischer Analyst tätig. „Draußen nur Kännchen“ gibt einen bestens gelungenen Einblick in typisch deutsche Angewohnheiten und Gepflogenheiten mit Witz, Charme, Bildung und in einer wunderbaren Sprache geschrieben.
„Die Frau, die Männer mochte“ von Petra Hammesfahr, vorgestellt von Krystyna Hurec-Diaczyszyn
Der erste Roman der Autorin ist nach 25 Jahren, um 100 Seiten erweitert, in neuer Auflage erschienen. Ihre Spannungsromane erobern die Bestsellerlisten, werden mit Preisen ausgezeichnet und erfolgreich verfilmt. Die Frau in ihrem Roman, die Männern Liebe, Zuwendung, Treue und Freundschaft gab, wurde dennoch so gehasst, dass sie umgebracht wurde. Der mit der Untersuchung des Todes beauftragte Kriminalhaupt-kommissar wird im Verlauf seiner Nachforschungen in einen Abgrund hineingezogen, verliert allmählich die Objektivität des Ermittlers und erkennt zu spät die Gefahr für sich selbst.
Oktober 2016
„Halbschatten“ von Uwe Timm, vorgestellt von Alexander Süß
Marga von Etzdorf – eine Fliegerin und ihre Geschichte.
Bei einem ihrer spektakulären Langstreckenflüge lernt die junge Fliegerin Marga von Etzdorf einen deutschen Diplomaten kennen und verbringt eine ungewöhnliche Nacht mit ihm, nah und doch getrennt. Wenig später, im Mai 1933, erschießt sie sich in Aleppo, Syrien. Was ist geschehen?
Uwe Timms Erzähler wandert Jahrzehnte später über den Berliner Invalidenfriedhof, wo Marga von Etzdorfs Grab liegt, aber auch die von Scharnhorst und Heydrich. Er hört die Stimmen der Toten, forscht nach Margas, nach unserer Geschichte.
„Black Out“ von Marc Elsberg, vorgestellt von Karol J. Hurec
Hochspannung durch Stromausfall! An einem kalten Februartag brechen in Europa alle Stromnetze zusammen. Der totale Blackout. Der italienische Informatiker Piero Manzano vermutet einen Hackerangriff und versucht, die Behörden zu warnen – erfolglos. Als Europol-Kommissar Bollard ihm endlich zuhört, tauchen in Manzanos Computer dubiose Emails auf, die den Verdacht auf ihn selbst lenken. Er ist ins Visier eines Gegners geraten, der ebenso raffiniert wie gnadenlos ist. Unterdessen liegt ganz Europa im Dunkeln, und der Kampf ums Überleben beginnt …
September 2016
„Die Legende von Centopia“von Gerhard Hahn, vorgestellt von Silke und Alexandra Wolf-Mertensmeyer
Das üppig mit Ornamenten und Elementen des Jugendstils versehene Bilderbuch ist das Lieblingsbuch der 6-jährigen Alexandra. Dem Buch vorausgegangen war die Filmserie „Mia and me“. Die 12-jährige Mia, elternlos in einem Internat lebend, gelangt mittels eines Codewortes in eine Phantasiewelt mit Elfen, Einhörnern und Feen; sie hilft erfolgreich mit im Kampf gegen Gut gegen Böse.
Die Geschichte vermittelt den Lesern in Wort und Bild die Wichtigkeit von Werten wie Freundschaft, Solidarität, Hilfsbereitschaft, Liebe und Vertrauen. Der Egmont-Verlag, der das Buch editierte, setzt sich in seiner Foundation zum Ziel, die sozialen und wirtschaftlichen Umstände von Kindern in der Welt zu verbessern.
„Die Würde ist antastbar“ von Ferdinand von Schirach, vorgestellt von Angela E. Degen-Madaus
Das Buch ist eine Sammlung von Essays von Ferdinand von Schirach, dem Enkel des nationalsozialistischen Reichsjugendführers Baldur von Schirach. Der Autor, der als Rechtsanwalt in Berlin lebt und arbeitet, stellt in seinen Essays Gedanken über Gut und Böse, die ethischen und moralischen Fragestellungen in unserer Gesellschaft wie z.B. „Schuld ist das, was einem Menschen persönlich vorgeworfen werden kann“ oder „Oft ist es nur Zufall, der den Einzelnen zum Täter oder Opfer macht“, vor.
Seine Stories und Romane wurden Welterfolge, verfilmt und mit mehreren Literaturpreisen, auch internationalen, ausgezeichnet.
Der Essay über seinen Großvater „Du bist, wer du bist“ wurde dem interessierten Zuhörerkreis vorgelesen wie auch die Betrachtung „Reine Menschen - reine Luft“.
Juli 2016
„Die Rückeroberung“ von Franz Hohler, vorgestellt von Andrea Partheymüller-Gerber
Die Erzählungen handeln von der Natur, die die großen Städte zurückerobert.
»Eines Tages, als ich an meinem Schreibtisch saß und zum Fenster hinausschaute, sah ich, dass sich auf der Fernsehantenne des gegenüberliegenden Hauses ein Adler niedergelassen hatte. Ich muss dazu sagen, dass ich in Zürich wohne.« Wenig später finden Passanten auf einem belebten Platz ein mächtiges Hirschgeweih. Tage darauf trabt schon ein ganzes Rudel Hirsche durch die Stadt, und jemand ist sich ganz sicher, einen Wolf gesehen zu haben. Die Natur beginnt eine Stadt zurückzugewinnen und macht aus deren Bewohner staunende Zuschauer. Nicht nur in dieser, auch in den anderen acht Erzählungen dieses Bands bekommt die glatte Oberfläche des Alltags tiefe Risse.
„Falscher Hase“ von Ruth Reichl, vorgestellt von Krystyna Hurec-Diaczyszyn
Als Spionin bei den Spitzenköchen dieser Welt ist der Untertitel dieses amüsanten Buches. Das A und O für einen Gastro-Kritiker ist die Anonymität. Was aber, wenn sein Bild in jedem Restaurant der Stadt hängt und der rote Teppich ausgerollt wird, sobald der Kritiker auf der Test-Bildfläche erscheint? Food-Journalistin Ruth Reichl schlüpft dann in eine andere Rolle, um unerkannt bedient zu werden. Sie verkleidet sich als neureiches Provinz-Ei und wird daher in den nobelsten Restaurants missachtet, in denen sie zuvor als bekannte Testerin der New York Times verhätschelt wurde. Doch jede Tarnung fliegt irgendwann einmal auf, und dann muss schnellstens eine neue Maske her. Bizarr allerdings wird es, wenn Ruth Reichl ihre eigene Mutter spielt: Plötzlich verschwimmen Schein und Sein auf höchst vergnügliche, irritierende und erhellende Weise.